Erdbeerschwemme

oder: Wie sich die Erdbeerpflanzen und -sorten ungehemmt in meinem Garten vermehrten.

Angeregt durch Krabundas Bericht über ihre Erdbeerernte nutze ich die Gelegenheit, meine Erdbeeren mal wieder zum Mittelpunkt eines Beitrags zu machen.

Meine ziemlich große Sammlung von Erdbeersorten ist längst den Bach runter gegangen; diese traurige Mitteilung muss ich vorwegschicken.

Wohl geordnetes Erdbeersortenbeet am 14. Mai 2016

Im Spätsommer 2016 hatte ich Nachwuchs sämtlicher Sorten in den „Zweitgarten“, eine verwilderte Parzelle der mich umgebenden Kleingarten-Kolonie übertragen, die mir zur Nutzung überlassen wurde.

Die Erdbeersorten im Zweitgarten am 19. Mai 2017

Dort haben sie sich aber offenbar nicht sehr wohl gefühlt. Zu viel Schatten, zu wenig Bodenleben (ich hatte den dortigen üppigen Brennnesselbewuchs mit einer schwarzen Baufolie brutal erstickt); die kümmerlichen Reste der dortigen Erdbeerplantage habe ich deshalb in diesem Jahr komplett dem Kartoffelanbau geopfert.

Auch das 2016 noch wohl geordnete Beet im eigenen Garten ist mittlerweile verödet oder verwildert (und zum größeren Teil mit meinem zweiten Folientunnel überbaut).

Verwildertes, teilweise verödetes Erdbeersortenmutterbeet (links im Bild), Mai 2018

Die meisten Pflanzen dort sterben in ihrem zweiten Lebensjahr ab (sie verkümmern und vertrocknen, während ihre Früchte versuchen zu reifen); über dieses Phänomen klagen auch manche Nachbarn. Ich vermute eine Wurzelkrankheit, die rote oder schwarze Wurzelfäule, die die Pflanzen befällt, weil der Boden zu sauer, zu nass oder beides zugleich ist. Ich will demnächst mal versuchen, die ungünstigen Bedingungen mit Kalk zu verbessern.

Zu diesem trostlosen Dahinsiechen meiner langjährig, mit viel Einsatz gesammelten Sortenmutterpflanzen durch widrige, äußere Umstände kommt meine Tatenlosigkeit. Ich widme den Erdbeeren zu wenig Aufmerksamkeit: ich dünge und wässere nicht und lasse fast alle Sämlinge wachsen, die in Massen keimen, und lenke auch das ungehemmte Ausläufertum überlebender Erdbeerpflanzen nicht in geordnete Bahnen; nur das „Unkraut“ halte ich einigermaßen im Zaum.

Ausläufer und Sämlinge, 10. Mai 2018

So wuchern an vielen Stellen in meinem Garten, an denen ich einmal Erdbeeren gepflanzt habe, namenlose Erdbeerpflanzen – und wachsen mir langsam über den Kopf.

Hilfe, Erdbeeren fluten das Gurkenbeet! (3. Juni 2018)

In diesem Jahr führte das zu der, mit dem Titel schon angedeuteten Erdbeerschwemme.

Auf den Weg „geschwemmte“ Erdbeeren

Die diesjährige Erdbeersaison ist wahrlich eine der besten, die ich seit meiner Gartenübernahme im Jahre 2012 erlebt habe.

Neben den massenhaft wuchernden Erdbeerpflanzen war das Wetter in diesem Jahr natürlich perfekt – und das ist der wichtigere Grund für die Masse an Erdbeeren, die ich bisher ernten konnte: es gab z.B. keinen Spätfrost, der die Blüten geschädigt hätte wie im letzten Jahr.

Vom Frost geschädigte Erdbeerblüte am 12. Mai 2017

Stattdessen gab es während der Blüte und der Fruchtentwicklung überreichlich Sonnenschein, grenzwertige Trockenheit und erhöhte Temperaturen; dazu kamen zwei, drei kurze, ergiebige, sprich perfekte Landregen, die für die notwendige Wachstumsfreude bei den Pflanzen gesorgt, für ausgiebige Exkursionen der Schnecken zu den Erdbeerweiden jedoch nicht gereicht haben.

Grob geschätzt habe ich bisher bestimmt 35 Kilo geerntet (bzw. von Kindern pflücken lassen) und noch mal zwei Kilo direkt im Garten bei Geschmackstests verdrückt. Trotzdem sind, noch gröber geschätzt, doppelt so viele wunderbare Früchte an den Pflanzen hängen geblieben – und überreif verfault (tja, neben Pflücker*innen, die, wenn sie schon einmal bereit sind, meinen Garten anzusteuern, von Unwettern gestoppt werden, fehlt meine tägliche Anwesenheit).

Unbekannte, neue Sorte, mit hübschen, konischen Früchten, der Sorte „Havelland“ nicht unähnlich (Juni 2018)

Obwohl ich also keinen gepflegten Erdbeeranbau mit amtlich zugelassenen und geprüften Sorten betreibe, ernte ich mehr als genug (wenn es nicht ein paar Leute gäbe, die mir glücklicherweise einige Kilo abnehmen, wer weiß, ich wäre dieses Jahr an Erdbeeren erstickt).

Die allermeisten Erdbeeren, die ich für die obligatorischen Geschmackstests (teilweise) in mich hineinzwingen musste, waren herrlich süß und lecker, obwohl geschmacklich keine an „Königin Luise“ oder „Osterfee“ heranreichte, meinen bisherigen Favoriten; aber es gab auch keine bösen Überraschungen in Form von widerlichen Früchten, abgesehen von einigen schon in Fäulnis übergehenden, die ich aus Versehen in den Mund steckte.

Die geschmackliche Qualität haben auch andere bestätigt: „… und nochmal vielen, lieben Dank für die leckeren Früchte. Viel Marmelade und auch im Büro glückliche Mitarbeiter mit Hilfe von Erdbeeren …“ (Janna)

Die Verarbeitung der Ernte; © Janna Krenn, 2018

Es geht also auch so.

Wie aus einem winzigen Sämling des Jahres 2015 eine kleine Erdbeerwiese hervorgeht und mich nun schon seit zwei Jahren mit gediegenen Früchten beglückt, zeigen die folgenden Bilder sowie der eingeflochtene Bericht.

Rechts neben der Ranke der Wassermelone und dem schwarzen Töpfchen: der unbekannte Sämling (4. August 2015)

2015 entdeckte ich einen Sämling im Folientunnel zwischen den Tomaten-, Melonen-, Kartoffeln, Bauerntabak- und Dillpflanzen (jetzt auch zufällig auf einem Foto). Ich verhinderte damals seine freie Ausbreitung; nur drei Pflanzen durften das Jahr 2016, ebenfalls im Folientunnel erleben – und sich am Ende ungefähr vervierfachen.

Ungefähr vervierfachte Anzahl an Erdbeerpflanzen am 19. Mai 2017

2017 standen an Stelle des Tunnels Maispflanzen, Erbsen und Bohnen. Im „Maisfeld“ ließ ich die Erdbeerpflanzen sich ungestört ausbreiten – diese Nutzpflanzen werden in ihrem Wachstum durch Erdbeeren kaum behindert.

Erdbeeren im „Maisfeld“ (15. Juni 2017)

Die Erdbeerpflanzen dankten mir in jenem Jahr schon mit einer ordentlichen Ernte.

In diesem Jahr war an jener Stelle ein riesengroßes Zwiebelbeet geplant, vor allem mit der „Rose von Roscoff“ und zur Zwiebelsamengewinnung. Aus diesem Grunde wollte ich das Beet von allen anderen Pflanzen befreien. Nachdem ich jedoch die alten Maispflanzen im März beseitigt hatte, standen am Rand des Beetes die Erdbeeren so fein, so dicht und gesund in einem ordentlichen Rechteck, dass ich es nicht übers Herz bringen konnte, sie zu opfern.

Rechteckige „Erdbeerwiese“ im Zwiebelbeet am 9. Juni 2018

Ich schnitt an den Rändern ein paar Auswüchse ab, ließ den Rest ansonsten aber in Ruhe. Es gab weder Dünger noch Wasser, nur hier und da zupfte ich ein vorwitziges Weidenröschen zwischen ihnen heraus.

Nun, ihr vervielfältigter Dank konnte sich sehen lassen!

Dank der „Erdbeerwiese“ am 25. Mai 2018

Die Hübschen, aus der Nähe betrachtet (27. Mai)

Zoom, weswegen die 12 Gläser Erdbeermarmelade nicht zu sehen sind

Ja, ich habe von der „Sortenreinheit“ Abstand genommen, ich lasse wachsen und werden.

Ich hoffe, dass die Erdbeerpflanzen sich so meinen Bedingungen anpassen, dass also von der Unzahl an Sämlingen, die sich ausbreiten dürfen (oder die ich auch hin und wieder in ein geordnetes Beet rette), die ein oder andere widerstandsfähige, wohlschmeckende Pflanze übrig bleibt.

Mein, im Sommer 2017 „ordentlich“ angelegtes Beet mit Sämlingen, von „wild gewordenem“ Knoblauch durchsetzt

Tiefer Einblick ins Erdbeerbeet (9. Juni 2018)

Ja, ich hoffe, dass mein Plan zur Rettung der Menschheit auch in kleinem Maßstab zum Erfolg führt.