Stroh in Gold verwandeln

oder: Über den Unterschied zwischen guter und schlechter Tierhaltung.

Heute, zu Weihnachten, an dem die meisten Menschen einen Festtagsbraten auf den Tisch bringen, möchte ich Euch doch mal mit ein paar Gedanken konfrontieren, auf die ich neulich gestoßen bin, als ich mich mit den Anfängen des Pflanzenbaus beschäftigt habe („Ist Gärtnern weiblich?“); denn als Menschen die Vorteile entdeckten, Samen und Pflanzenteile aufzuheben und wieder auszusäen und auszupflanzen, entdeckten sie auch die Vorteile, Tiere in Gefangenschaft zu halten, um die Tiere selbst und ihre Produkte leichter nutzen zu können, statt sie ständig mühsam jagen zu müssen.

Kuh in überdachtem Holzkäfig in Ruanda

Einfaches Gefängnis für Kühe in Ruanda

Mir wurde dabei deutlicher bewusst, dass auch Tiere von Pflanzen leben und es einen Zusammenhang zwischen Pflanzenbau und Tierhaltung gibt. Ich entdeckte dabei den Unterschied zwischen guter und schlechter Tierhaltung.

in den Boden eingelassene Hölzer, die einen Raum von einem halben Quadratmeter eng umzäunen

Welches Tier wird hier gefangen gehalten?

Jungschwein in Gehege aus Hölzern

Ein Schweinchen!

Wenn von guter Tierhaltung die Rede ist, fallen oft Begriffe wie „art- oder wesensgerechte Haltung“, „Tierwohl“, „biologisch-ökologisch erzeugtes Futter“ und ähnliches, im Gegensatz dazu die „Massentierhaltung“, was aber zumeist zu Streit führt, da keiner dieser Begriffe eindeutig zu definieren ist.

Ich bin jedoch auf ein Kriterium gestoßen, mit dessen Hilfe sich glasklar zwischen guter und schlechter Tierhaltung unterscheiden lässt.

Was hat das Märchen vom „Rumpelstilzchen“ mit Tierhaltung zu tun?

…ist vielleicht die erste Frage, die Ihr Euch stellt.

Der Titel dieses Beitrags, „Stroh in Gold verwandeln“, entstammt ja dem Märchen „Rumpelstilzchen“, das die Brüder Grimm 1812 veröffentlicht haben. Für diejenigen, die es nicht kennen, habe ich seine Originalfassung unten angehängt.

Ein Müller, der gerne in Bildern sprach (so, wie ich, sein Namensvetter), erzählte immer mal wieder, dass seine Tochter Stroh in Gold verwandeln könne. Seine Dorfnachbarn wussten, was er damit meinte, oder er erklärte es denjenigen, die es wissen wollten.

Ich weiß nicht, ob Ihr ihn verstanden hättet (oder mich jetzt versteht), der damalige König – und mit ihm wahrscheinlich die meisten seiner adeligen Standesgenossen – verstanden den Müller jedoch nicht bzw. verstanden ihn falsch.

Sie konnten bei „Gold“ nur an das glänzende Edelmetall denken, dass sie in ihren Schatzkammern anzuhäufen suchten, was dazu führte, dass die arme Müllerstochter vor die unlösbare Aufgabe gestellt wurde, Stroh in Edelmetall zu verwandeln, die sie selbstverständlich nur mit der magischen Hilfe eines „Rumpelstilzchens“ bewältigen konnte.

In späteren Zeiten wurde das Stroh als „Flachs-Stroh“ und das „Gold“ als „feines Leinen (Linnen)“ gedeutet, so dass das Mädchen nun das Stroh tatsächlich hätte zu Gold verspinnen können.

Diese Interpretation ist zwar möglich, aber sie trifft die Wahrheit meines Erachtens nicht; denn es gibt nur eine einzige Sache, die wirklich „Gold“ ist; alles andere ist „Katzen-Gold“, Schein-Gold, Glitter, eingebildeter Wert.

„Was ist das einzig wahre Gold?“ wirst Du Dich jetzt vielleicht irritiert fragen.

Ich habe es schon einmal im Beitrag „Das Gold der Inka“ erwähnt; aber wenn ich Dich mit dem Spruch „Gold kann man nicht essen“ konfrontiere, wird es Dir dämmern…

Nicht viele Menschen bringen „Gold“ und „Essen“ in Zusammenhang; aber Essen ist das einzig wahre Gold! Ohne Lebensmittel ist das goldene Metall nichts wert, es sei denn, jemand tauscht seine Nahrungsüberschüsse dagegen ein.

Ich gehe davon aus, dass Dir nun glasklar vor Augen steht, wie die Müllerstochter Stroh in Gold verwandelt hat, oder?

Ruandischer Junge an offenem Herdfeuer mit schwarzen Ziegen im Hintergrund

Afrikanischer Alltag 2011 (Ruanda)

Ja – indem sie Gänse, Schafe, Ziegen und/oder Kühe gehütet hat!

Ich sehe noch Ungläugigkeit in Deinem Blick…

Wenn ich jetzt noch hinzufüge, dass mit „Stroh“ alle Materialien gemeint sind, die wir Menschen nicht essen, aber Tiere fressen können, dann sind hoffentlich Deine letzten Zweifel beseitigt: Tiere verwandeln Stoffe, die wir Menschen nicht (mehr) als Nahrung nutzen können, in Stoffe, die wir essen können (Fleisch, Fett, Milch, Eier usw.)

Ist nun klar, was das „Rumpelstilzchen“ mit Tierhaltung zu tun hat?

Es gibt ein eindeutiges Kriterium für gute Tierhaltung an die Hand: „Gut“ ist eine Tierhaltung nur dann, wenn Tiere ausschließlich mit Stoffen ernährt werden, die wir Menschen nicht essen können!

Gute Tierhaltung verwandelt „Stroh“ in „Gold“!

Tiere verwandelten Jahrtausende lang Gras, Kräuter, Dorngestrüpp, Eicheln, Bucheckern, ausgefallene Getreidekörner, „Schädlinge“ u. a. in „Essbares“. Tiere stellten also eine zusätzliche Nahrungsquelle und in Notzeiten (z. B. im Winter) eine wichtige Nahrungsreserve dar!

Kuh in Ruanda (Afrika) wird per hand gemolken

Ein bisschen Milch für Menschen

Heute ist das Gegenteil der Fall:

Die heutige Tierhaltung verwandelt Gold in Scheiße.

Unsere Haus- und Nutztiere verwandeln kostbare Lebensmittel, die Menschen ernähren könnten, im wahrsten Sinne des Wortes in Scheiße.

Wenn auf Flächen, die für die Erzeugung von Nahrungsmitteln für Menschen geeignet sind, Futter für Tiere wächst – zu ihnen zählen auch die Bakterien in Biogas-Anlagen, findet die gleiche Abwertung statt.

Eine Tierhaltung, die menschliche Nahrung in Tierscheiße verwandelt, möchte ich nicht nur als „schlecht“ sondern sogar als „pervers“ bezeichnen.

Zusammengebundene Hühner, die auf einem Fahrrad transportiert wurden in Ruanda

Zusammengebundene Hühner und ihr Transportmittel…

Dass sich heute immer mehr Menschen vegetarisch ernähren oder gar vegan leben, d. h., auf tierische Nahrung oder tierische Produkte vollständig verzichten, steht für mich in einem direkten Zusammenhang mit einer Tierhaltung, die Menschennahrung zu Tierscheiße macht: Ich glaube, Vegetarier und Veganer spüren diese Perversion instinktiv.

Massentierhaltung ist nicht nur schlecht, weil dort Tiere dicht zusammengedrängt – unter „unwürdigen“ Bedingungen – leben müssen, sondern weil die Tiere mit Nahrung gefüttert werden, die (hungernde) Menschen satt machen könnte!

Wir müssen auch nicht ständig die Erträge auf den Äckern steigern, um alle Menschen satt zu machen, sondern wir müssen die Erträge der Äcker in die Münder von Menschen statt in die Mäuler von Tieren leiten!

Tiere müssen wieder Stroh in Gold verwandeln statt Gold in Scheiße. Tiere müssen wieder „gut“ gehalten werden!

Braune Kühe auf Wiese

Kühe auf der Weide

Dazu sollten alle Flächen, auf denen kein Ackerbau möglich ist und auf denen früher einmal Tiere gehalten wurden, wieder für diesen Zweck genutzt werden, und zwar ausschließlich diese! Auf keiner anderen Fläche dürften Tiere gehalten oder Tierfutter angebaut werden.

Kühe auf der Weide

Im Nordwesten Frankreichs

Das würde (den) Menschen in Gegenden, in denen Ackerbau schwierig oder unmöglich ist, wieder Perspektiven eröffnen, die ihnen dadurch genommen wurde und wird, dass Tiere „schlecht“ gehalten werden dürfen.

Dazu müssen nur die Regeln geändert werden: Allein gute Tierhaltung ist erlaubt…

Was unter „gut“ zu verstehen ist, bedarf keiner Definition mehr, das ist jetzt sonnenklar, oder?

Grasende Kuh

Hier wird Gras in Milch und Fleisch verwandelt

Ich habe es also gefunden, das eindeutige Kriterium für den

Fleischgenuss ohne schlechtes Gewissen

Dachte ich.

Bis ich genau wissen wollte, welcher Anteil des Getreides in Deutschland verfüttert wird (dazu zähle ich auch das „Futter“ für die Methan-Bakterien in den Biogas-Anlagen).

Dabei stieß ich auf die Information, dass 2022 genau 63,1 Prozent des Getreides, das in Deutschland von den Feldern geholt wurde, im Futtertrog von Tieren oder in Bio-Energie-Anlagen landete, Tiere also eine «Nahrungsmittelkonkurrenz» für uns Menschen sind.

Das Umweltbundesamt unterrichtete mich darüber, dass 2017 67 Prozent der Ackerfläche für den Anbau von Futter- und Energiepflanzen genutzt wurde statt für die Ernährung von Menschen. In diesem Fall spricht man von einer «Flächenkonkurrenz».

Grafik über die Flächennutzung der Landwirtschaft

Die Flächenbelegung der Landwirtschaft nach Verwendungsarten im Jahre 2017 (laut Umweltbundesamt)

Ich fand darüber hinaus aber auch Informationen, die mich überraschten: Ich musste feststellen, dass ich nicht der Entdecker der zuvor geschilderten, klaren Trennungslinie zwischen guter und schlechter Tierhaltung war. Der Verein „LAND.SCHAFFT.WERTE. – Fleisch & Wissen Made in Germany, eine Initiative unterschiedlicher Unternehmen und Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette Fleisch“, wusste längst, dass „Fleischgenuss ohne schlechtes Gewissen“ möglich ist:

„Nutztiere tragen durch die Verwertung pflanzlicher Biomasse, die für den Menschen ungenießbar ist oder durch die Nutzung von Rückständen der Lebensmittelerzeugung zum Ressourcenschutz bei und versorgen Menschen mit biologisch hochwertigen Proteinen. Im landwirtschaftlichen Pflanzenbau und der Lebensmittelverarbeitung fallen unweigerlich rund 4 Kilogramm nicht-essbare Pflanzenmasse je Kilogramm pflanzlichem Lebensmittel an! Nutztiere erzeugen daraus hochwertige tierische Lebensmittel.“

Kühe draußen im Morast

Ich war sprachlos. Hatte ich doch meine Idee für neu und einzigartig gehalten. Wie kam die „Wertschöpfungskette Fleisch“ dazu, das genau so zu sehen wie ich, obwohl die Selbstdarstellung der Gruppierung sie mir eher als eine Vertreterin des herrschenden, marktwirtschaftlichen Systems erscheinen ließ, die den Fleischkonsum nicht bremsen sondern verteidigen und fördern will?

Meine anschließenden Recherchen offenbarten mir, dass diese Initiative das nur wusste, weil die Nahrungsmittel- und Flächenkonkurrenz, die eine industrielle Tierhaltung zur Folge hat, der „Wertschöpfungskette Fleisch“ von verschiedenen Verbänden schon lange vorgehalten wird, wie z. B. von Greenpeace, Germanwatch, der Albert-Schweitzer-Stiftung u.a.

Der Selbsterhaltungstrieb hat diese „Wertschöpfungskette“ dazu bewegt, sich mit Argumenten gegen diese Vorwürfe zu wappnen…

Weiße Kuh von vorn

Argumente für die industrielle Massentierhaltung

Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) lässt über ihr Sprachrohr, das Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL), das Hauptargument verbreiten: „Nicht auf allen landwirtschaftlichen Flächen kann Weichweizen in Backqualität oder Hartweizen für die Teigwarenherstellung angebaut werden…“

„Beim Anbau auf weniger ertragreichen Böden wären keine ausreichenden Erträge und Qualitäten zu erwarten, hier bliebe vermutlich nur die Vermarktung als Futtergetreide. Je nach Standort ist es daher sinnvoller, direkt Futtergetreidesorten anzubauen.“ weiß die zuvor schon erwähnte Fleischerzeuger-Initiative „LAND.SCHAFFT.WERTE. zu ergänzen.

…und der Deutsche Bauernverband (DBV) sekundiert, indem er mir die „Fakten zur Diskussion um Trog oder Teller“ nahebringt: „Ohne Kühe und andere Wiederkäuer können 4,75 Mio. ha Grünland nicht genutzt werden.“

„Bauer Willi“, eines der armen „Schweine“, die in der Marktwirtschaft um ihr Überleben kämpfen, ergänzt:

„Wenn man nun sagt, dass man ja die Anteile der Getreide verschieben könnte: Das ist zwar theoretisch denkbar, praktisch aber nicht möglich. Denn zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gehört eine ausgewogene Fruchtfolge mit verschiedenen Pflanzenarten, um auf natürliche Art und Weise den Schädlings- und Krankheitsdruck zu unterbrechen. Die Belange von Cross Compliance (Voraussetzung für EU-Zahlungen) mit den Anforderungen und Regelungen sind ebenso zu beachten.

In manchen Regionen sind die Böden in ihrer Ertragsfähigkeit (Bodenpunkte) wegen starkem Steinbesatz oder ungünstigen Klimas schlichtweg für bestimme Kulturen nicht geeignet. Um hier eine Fruchtfolge gewährleisten zu können, muss neben Getreide eben auch Feldfutter angebaut werden.“

Kühe auf der Weide

Könnte hier etwas anderes wachsen als Gras?

Das gilt natürlich besonders für Bio-Betriebe, die noch andere Gründe für die Haltung von Tieren vorbringen, da auch sie nicht gesamt-gesellschaftlich sondern betriebsbezogen denken (müssen).

„Ziel der Bewirtschaftung im ökologischen Landbau ist ein möglichst geschlossener Nährstoffkreislauf innerhalb des Betriebs. Betriebsmittel wie Futter, Wirtschaftsdünger und organische Düngemittel sollen also möglichst nicht von außen zugekauft werden müssen.“ (Informationsportal Ökolandbau)

All diese Gründe sprechen gegen eine Veränderung des herrschenden Systems; die aufgezeigten Sachverhalte zwingen dazu, Tiere schlecht zu halten.

Keine Widerrede!

Kann Fleischgenuss das Bewusstsein fördern?

“Wir sollten alle weniger Fleisch essen”, muss sich Bauer Willi immer wieder anhören.

Diesen Genussverderbern antwortet er mit leicht empörtem Unterton: „Ja, das tun wir bereits. In der nachfolgenden Grafik ist die Entwicklung seit 1990 (kg/Kopf/Jahr) dargestellt. Wie unschwer zu erkennen ist, essen wir mehr Getreideerzeugnisse und Gemüse, aber weniger Fleisch und Frischmilcherzeugnisse.“

Was meint er damit?

Wer zwischen den Zeilen lesen kann, versteht: „Aber wenn alle noch weniger Fleisch essen, werden noch mehr Bauern die Tierhaltung aufgeben und zuletzt über die Klinge springen müssen. Sie müssen ihr Land verpachten und sich andere Jobs suchen, wie dass schon Millionen Kolleg:innen von mir seit Beginn der Industrialisierung vor 200 Jahren tun mussten. Ich will aber Bauer bleiben!“

Die Gesetze des Marktes sind gnadenlos; die Marktwirtschaft frisst ihre Kinder…

Wasserfgraben, Weide und Kühe im Hintergrund bei Zützen/Schwedt

Kuhweide bei meiner Kleingartenkolonie bei Zützen/Schwedt

„Um einen größeren Anteil der deutschen Getreideernte für Brot und Backwaren einsetzen zu können, müsste eine Anpassung der Qualitätsansprüche für Backweizen geprüft werden. Hier spielen also auch politische Rahmenbedingungen und die Erwartungen der Verbraucher eine Rolle.“ LAND.SCHAFFT.WERTE spielt auf Zeit

Ja, letztlich hängt es an uns, den Wählerinnen und Verbrauchern; deshalb werbe ich mit diesem Beitrag für die Einführung einer klaren Trennungslinie: Tierhaltung ist gut, so lange sie Stroh in Gold verwandelt, und schlecht, wenn sie Gold zu Scheiße macht.

Es gibt sogar (wissenschaftliche) „Methoden zur Ermittlung der Flächen- und Nahrungsmittelkonkurrenz“; diese könnten dazu genutzt werden, das „Gold“ zu berechnen, das für jedes Kilogramm tierisches Erzeugnis (Fleich, Milch, Eier) in Scheiße verwandelt worden ist; dieser Wert könnte groß auf den Verpackungen prangen…

…dann gäbe es wenigstens einen marktwirtschaftlichen Anreiz, Fleisch von gut gehaltenen Tieren zu kaufen; aber besser wäre es, die Regeln für die Tierhaltung entsprechend zu gestalten – und vielleicht auch, das marktwirtschaftliche System in Frage zu stellen…

Kuhherde im November im Freien

Eine Kuhherde, die das ganze Jahr im Freien verbringt, ganz in der Nähe meines Gartens bei Schwedt

Fleischkonsum als Luxus

Nur Menschen, die sicher wenigstens 2000 Kilokalorien täglich zur Verfügung haben, können sich den Luxus leisten, Tiere mit Lebensmitteln für Menschen zu füttern oder sie von Flächen zu ernähren, auf denen menschliche Nahrung wachsen könnte.

Wenn wir aber von Luxus reden, dann müssen wir neben tierischen Produkten auch den Anbau anderer Luxusgüter in den Blick nehmen, der Flächen beansprucht, die für die menschliche Ernährungssicherung genutzt werden könnten; ich denke dabei z. B. an Zucker, Bier und Wein; auch diesen müsste ein Etikett mit dem „Gold-zu-Scheiße“-Wert angeheftet werden.

Erst wenn alle Menschen dieser Welt ihren täglichen Bedarf von 2000 Kilokalorien sicher gedeckt hätten, wäre es in Ordnung, auch über Luxus nachzudenken.

Ich wünsche Euch „Frohe Weihnachten!“ und (trotzdem) „Guten Appetit!“

Rumpelstilzchen

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Und es traf sich, daß er mit dem König zu sprechen kam und ihm sagte: „ich habe eine Tochter, die weiß die Kunst, Stroh in Gold zu verwandeln.“ Da ließ der König die Müllerstochter alsogleich kommen, und befahl ihr, eine ganze Kammer voll Stroh in einer Nacht in Gold zu verwandeln, und könne sie es nicht, so müsse sie sterben. Sie wurde in die Kammer eingesperrt, saß da und weinte, denn sie wußte um ihr Leben keinen Rath, wie das Stroh zu Gold werden sollte. Da trat auf einmal ein klein Männlein zu ihr, das sprach: „was giebst du mir, daß ich alles zu Gold mache?“ Sie that ihr Halsband ab und gabs dem Männlein, und es that, wie es versprochen hatte. Am andern Morgen fand der König die ganze Kammer voll Gold; aber sein Herz wurde dadurch nur noch begieriger, und er ließ die Müllerstochter in eine andere, noch größere Kammer voll Stroh thun, das sollte sie auch zu Gold machen. Und das Männlein kam wieder, sie gab ihm ihren Ring von der Hand, und alles wurde wieder zu Gold. Der König aber hieß sie die dritte Nacht wieder in eine dritte Kammer sperren, die war noch größer als die beiden ersten und ganz voll Stroh, „und wenn dir das auch gelingt, sollst du meine Gemahlin werden.“ Da kam das Männlein und sagte: „ich will es noch einmal thun, aber du mußt mir das erste Kind versprechen, das du mit dem König bekommst.“ Sie versprach es in der Noth, und wie nun der König auch dieses Stroh in Gold verwandelt sah, nahm er die schöne Müllerstochter zu seiner Gemahlin.

Bald darauf kam die Königin ins Wochenbett, da trat das Männlein vor die Königin und forderte das versprochene Kind. Die Königin aber bat, was sie konnte und bot dem Männchen alle Reichthümer an, wenn es ihr ihr Kind lassen wollte, allein alles war vergebens. Endlich sagte es: „in drei Tagen komm ich wieder und hole das Kind, wenn du aber dann meinen Namen weißt, so sollst du das Kind behalten!“

Da sann die Königin den ersten und zweiten Tag, was doch das Männchen für einen Namen hätte, konnte sich aber nicht besinnen, und ward ganz betrübt. Am dritten Tag aber kam der König von der Jagd heim und erzählte ihr: ich bin vorgestern auf der Jagd gewesen, und als ich tief in den dunkelen Wald kam, war da ein kleines Haus und vor dem Haus war ein gar zu lächerliches Männchen, das sprang als auf einem Bein davor herum, und schrie:

„heute back ich, morgen brau ich,
übermorgen hol ich der Frau Königin ihr Kind,
ach wie gut ist, daß niemand weiß,
daß ich Rumpelstilzchen heiß!“

Wie die Königin das hörte, ward sie ganz froh und als das gefährliche Männlein kam, frug es: Frau Königin, wie heiß ich? – „heißest du Conrad?“ – Nein. – „Heißest du Heinrich?“ – Nein.

Heißt du etwa Rumpelstilzchen?

Das hat dir der Teufel gesagt! schrie das Männchen, lief zornig fort und kam nimmermehr wieder.

Märchen der Brüder Grimm