Paprika vorziehen für Anfänger
oder: Was es bei der Anzucht von Paprika (und anderen Pflanzen) alles zu bedenken gibt.
Nachdem ich neulich gegen den Modebegriff „Selbstversorgung“ gewettert und für ein entspanntes Verhältnis zum Gärtnern plädiert habe, möchte ich heute doch mal für all diejenigen, die meinem Rat folgen und nebenbei ein paar Nutzpflanzen in ihrem Garten, auf ihrem Balkon oder ihrer Terrasse aufziehen wollen, ganz präzise beschreiben, wie ich heute meine Paprikapflanzen vorgezogen habe. Diese Beschreibung gilt natürlich auch für Auberginen, Tomaten, Gurken und alle anderen Pflanzen, deren Wachstumszeit in unseren Breiten verlängert werden soll.
Paprika und Auberginen keimen langsam und wachsen auch so; deshalb fange ich in diesem Jahr mal etwas früher mit dem Vorziehen an und zwar am 21. Februar; ich hätte allerdings auch schon Anfang Februar loslegen können, weil ich mit künstlicher (Zusatz-)Beleuchtung arbeite.
Notwendige Materialien
Nichts geht ohne eine gute Vorbereitung: Man braucht Erde, Sand, Gefäße wie kleine Plaste-Blumentöpfchen (oder eine Palette, in die kleine viereckige Töpfchen eingepresst sind), Markierungsstäbchen, Markierungsstift, ein Sieb, noch ein paar wasserdichte Behältnisse und eine Arbeitsfläche, einen Tisch z.B., die möglichst abwischbar oder mit einer Plastikfolie belegt sein sollte.
Wenn man nur ein, zwei Pflänzchen großziehen möchte, kann man den Aufwand ganz klar drastisch verringern, aber ich habe es dieses Jahr auf zwölf Sorten Paprika und sieben Sorten Auberginen abgesehen.
Als Erde verwende ich handelsüblichen Grünkompost (ich persönlich versuche torffreies Ausgangsmaterial zu nehmen); davon hatte ich neulich schon einen 45-Liter-Sack aus dem Baumarkt nach Hause geschleppt. Manche nehmen auch die Erde, die Maulwürfe oder Wühlmäuse im Garten aus tieferen Schichten an die Erdoberfläche befördern oder dämpfen sonstigen Erdboden eine Stunde lang im Backofen. Dabei geht es vor allem darum, keine Unkrautsamen und vor allem keine Samen der Art, die man vorziehen will, in seiner Anzuchterde zu haben; aber auch „Krankheitskeime“ (wie z. B. Trauermückenlarven) sollen damit von der Vermehrung ausgeschlossen werden.
Damit nun die zukünftigen Baby-Pflänzchen bei Kompost nicht gleich das Gefühl haben, sie seien im Schlaraffenland zur Welt gekommen – und sich dementsprechend lässig entwickeln, mische ich diesen Kompost ungefähr zur Hälfte mit Sand.
Die Plaste-Blumentöpfchen habe ich mir fast alle von Friedhöfen besorgt; dort findet man sie in reicher Auswahl fast zu jeder Jahreszeit in den überall eingerichteten Restmüll-Behältern. Wenn man nicht so viele braucht wie ich, kann man auch die Töpfchen der übers Jahr gekauften Kräuter sammeln.
Wie ich mir meine Markierungsstäbchen herstelle, habe ich hier schon beschrieben; es gibt sie aber auch in 20er-Packs im Baumarkt. Wer das Internet durchstöbert, findet ganz sicher noch zahlreiche andere Ideen, was man als Markierungsstäbchen verwenden kann. (Wenn da jemand fündig geworden ist oder über eigene Ideen verfügt, würde ich mich über Ergänzungen in den Kommentaren unten freuen!)
Liste mit Ideen für Markierungsstäbchen, über die ich selbst im Internet gestolpert bin:
Als Markierungsstift nehme ich einen „Permanent Marker“, sprich: einen wasserfesten Edding (ist das nicht eine Marke?), also einen wasserfesten Markierungsstift.
Nun geht’s los!
Haaaalt! Das Wichtigste fehlt doch noch:
Die Samen
Klar! Wozu das Ganze, wenn man keine Samen hat.
Also, Samen habe ich mehr als genug!
Ich behalte von vielen Paprikas, die ich im Laufe des Jahres verspeise, die Samen; und dann locken in jedem Baumarkt jede Menge bunte Samentütchen… Und die unzähligen Angebote im Internet erst! An einen intensiven Austausch mit Gärtnerkolleg*innen will ich gar nicht erst denken!
Mancheine*r wird sich vielleicht jetzt fragen, ob denn die gekauften Paprikas nicht komplett von F1-Pflanzen stammen, ich also Samen von Hybriden, Mischlingen, Bastarden verwende und somit keine „reine“, samenfeste Nachkommenschaft erwarten kann? Die meisten Groß-Anbauer der Agrar-Industrie verwenden F1-Saatgut.
Ja, das wird wahrscheinlich so sein! Komischerweise sahen aber die Paprika, die ich bisher geerntet habe, genau so wie die gekauften Früchte aus; auch der Fruchtansatz war nie auffallend gering. Wie ich in „F1-Hybird-Saatgut rehabilitiert“ geschrieben habe, ist bei Samen von F1-Paprika, also den F2-Paprika, auch nicht mit irgendwelchen Problemen zu rechnen; denn sie dürfen keinen unfruchtbaren Pollen, keine Cytoplasmatische Männliche Sterilität (CMS) haben!
Am besten verwendet man immer nur selbst gewonnenes Saatgut und zwar von den Pflanzen, die am besten gediehen sind und deren Früchte am besten geschmeckt haben. Da die Paprikapflanze zu den „Selbstbefruchtern“ gehört, d.h., der weibliche Blütenteil wird – in der Regel automatisch – von dem männlichen Teil derselben Blüte (Pollen) befruchtet, bleiben sie reinerbig oder sie werden es automatisch nach ein paar Jahren des wiederholten Anbaus.
Mit welchem Saatgut man letztlich startet, ist völlig belanglos; aber es ist nicht verkehrt, im Laufe der Zeit eine große Menge verschiedener Samen(herkünfte) auszuprobieren, um die besten für sich und seine Anbauflächen zu finden.
Das Vorgehen bei der Anzucht
Nachdem ich meine Sorten gewählt hatte, habe ich ihre, von mir gewählten Bezeichnungen oder ihre Sortennamen in eine Kladde (ein Heft) geschrieben und jede mit einem Buchstaben versehen (kann auch eine Zahl oder Kombination aus beidem sein, wichtig ist nur eine eindeutige Kennung).
Ich benutze einen Buchstaben, damit ich nicht jedes Mal die vollständige Bezeichnung irgendwo hinschreiben muss, z.B. auf die Markierungsstäbchen. Der Nachteil dieser Kurzbezeichnung ist, dass ich ohne meine Kladde fast nie weiß, welche Sorte ich gerade vor mir habe.
Leider verschwinden die Markierungsstäbchen im Laufe der Saison auch immer irgendwie… vielleicht sollte ich sie verdoppeln…
In diesem Jahr habe ich meine Paprika- und Auberginensamen vor der Aussaat zum ersten Mal eingeweicht.
Dazu habe ich die Samen am späten Abend des 19. Februar in Tassen und Gläser mit ein wenig lauwarmem Wasser (manche empfehlen auch Kamillentee oder anderes zur Desinfektion) gegeben und jedes Gefäß mit einem Zettelchen unterlegt, auf dem Sortenbezeichnung und Buchstabe standen.
Nach 36 Stunden, also am Morgen des 21. Februar wurden sie dann weiterbehandelt:
Zuerst schütte ich Kompost und Sand auf den Tisch und mische beides kräftig durch. Dann fülle ich damit so viele Töpfchen fast randvoll, wie ich „Sorten“ habe, und drücke die Erdmischung gut fest.
Jetzt nehme ich ein Töpfchen sowie ein Behältnis mit den Samen, übertrage den Buchstaben auf ein Markierungsstäbchen, kippe dann nach vorsichtigem Schwingen des Glases den gesamten Inhalt in ein Sieb (unter dem natürlich ein Auffanggefäß steht).
Mit einem Löffel gebe ich dann die Samen auf die Erdoberfläche des Töpfchens, verstreiche sie mit den Fingern auf der gesamten Fläche und bedecke die Samen schlussendlich mit einer dünnen Schicht der Kompost-Sandmischung.
Achtung! Jetzt nicht vergessen das Markierungsstäbchen mit dem Buchstaben dazuzustecken! Ist zumindest wichtig, wenn man mehrere Sorten ziehen will (oder nur wissen will, wie die Sorte heißt oder aussehen sollte).
Das wär’s dann schon.
Ok, gut wässern noch, aber dann kann das Töpfchen auf die Fensterbank oder sonst einen warmen!, lichten! Platz (je wärmer, desto heller sollte der Standort sein!). Ich unterstütze die Februarsonne mit ein paar Pflanzenlampen vom Aquarienhändler, die ich mir vor Jahren mal zugelegt habe. Wenn man im März erst startet, reicht eine südseitige Fensterbank zumeist aus.
Wenn durch das Wasser ein paar Samen an die Oberfläche geschwemmt werden, kann man entweder noch mal ein wenig Erde darüber streuen oder sie mit den Fingern andrücken; dann sieht man wenigstens wie und wann die Samen keimen! (Wenn die Samen an der Oberfläche liegen, muss man noch mehr darauf achten, dass die Erdoberfläche nicht trocken fällt; denn keimende Samen, die eintrocknen, sind verlorene Liebesmüh‘)
Mal sehen, wie lange sie brauchen, und ob die Samen aller Sorten noch lebendig sind? Paprikasamen halten sich zwar bis zu 10 Jahre, aber nur wenige sind dann noch keimfähig.
Wenn ich also demnächst Veränderungen in den Anzuchttöpfchen feststelle, kommt noch das ein oder andere Foto dazu; ansonsten sollte das fürs Erste reichen.
Wenn die Samen ordentlich keimen – und das haben sie zu größeren Teilen getan – zupfe ich nach und nach die überschüssigen, schwächsten Keimlinge aus (das ist grausam, ich weiß!), bis nur noch ungefähr so viele im Töpfchen verblieben sind, wie ich im Garten platzieren kann.
Wie ich dann diese restlichen Pflänzchen weiter behandele, beschreibe ich in einem eigenen Beitrag. Bis dahin verweise ich auf die ausführliche Anleitung zum Pikieren bei Anna von & Sarah zu Grün aus dem Ruhrpott, sorry, dem Ruhrgebiet natürlich, die dort dem Balkongärtnern frönten.
Hallo zusammen,
kleines Update: bei mir haben jetzt nach dem 3. Tag 8 von 20 Paprikasamen angefangen zu keimen.
Es waren frische Samen einer Supermarktpaprika, welche ich 12 Stunden gewässert habe und dann in feuchtes Küchenpapier gewickelt habe und in einen Zip-Beutel getan habe. Dieser Zip-Beutel lag auf der warmen Fensterbank (unter der sich eine Heizung befindet) zugedeckt mit einem Küchenhandtuch.
Habe die gekeimten Samen nun in einen Eierkarton mit Erde umgepflanzt.
Viele Grüße
Antonio
Hi, ich finds klasse, das es so ausführlich war und mit vielen Bildchen versehen..vor allem mit den unterschiedlichen Wchstumsphasen….ich wollte dieses Jahr zum ersten Mal Paprika ausprobieren und hab somit schon mal eine gute Basis zum anfangen. Ich hab heut die Kerne einer vollreifen roten Paprika ins Wasser gelegt zum säubern…nun bin ich mir nicht sicher, ob ich die frischen Samen direkt einpflanzen soll oder erst mal trocknen lasse und dann wieder einweiche vor der Aussaat?
Vielen Dank
Antonio
Hallo Antonio, danke für Deinen Kommentar!
Ob es besser ist, die Samen erst zu trocknen, kann ich nicht sagen. In einer Paprika, die ich neulich gekauft habe und die dann im Kühlschrank vergammelt ist, waren die Samen schon gekeimt, als ich sie endlich essen wollte.
Ich würde einen Versuch starten: einen Teil direkt in die Erde, einen Teil erst trocknen lassen und dann aussäen.
Ich denke, dass sie nicht erst trocknen müssen; aber… …ich weiß es nicht.
Ich würde mich freuen, wenn Du einen Test machst und das Ergebnis hier berichtest! Ich würde auch gern wissen, was besser ist oder was überhaupt klappt…
Viele Grüße, J:)rgen
Lieben Dank für die schnelle Antwort. Ich werde in ca. 14 Tagen berichten ob sich bei frischen Samen etwas tut :)
Hallo, Jürgen! Zum Thema Einweichen der Samen: Bei Paprika konnte ich keine schnellere Keimung feststellen, schaden kann es bestimmt nicht.
Bei Tomatensamen hab ich aber folgendes bemerkt: Die keimen bei mir schneller, wenn ich die Samen im Vorjahr – vollkommen unvorschriftsmäßig – mitsamt „Glibber“ auf ein Stück Packpapier oder so streife und da trocknen lasse. Zur Aussaatzeit lege ich das Papier kurz ins Wasser, bis sich die Samen lösen. Mir kommt es vor, als keimten die dann etwas schneller. Das kann vielleicht auch an der „Glibber“-Umhüllung liegen, die noch um die Samen drum ist. Who knows…
Liebe Nadja, der „Glibber“ enthält normalerweise keimhemmende Stoffe; doch kann es sein, dass diese Stoffe beim Eintrocknen und wieder Einweichen ebenfalls ihre Wirkung verlieren und dann vielleicht sogar als allererster „Nähr- oder sogar „Lock“stoff für den Keimling dienen.
Tja, ohne akkurate (! Doppel-K !) Versuche werden wir das nie erfahren…
Gehört eigentlich zum Thema Tomaten: Keimzeit Vergleich Tomaten-Samen mit und ohne „Glibber“. Beide keimen gleich schnell (ca. 6 Tage), die Pflänzchen aus den Glibber-Samen sehen properer aus. Die Notwendigkeit, die Samen umständlich von dem Glibber-Zeug zu befreien, würde ich unter „Garten-Mythen“ verbuchen. Nach Fukuoka: überflüssige Handlungen weglassen.
Liebe Nadja,
ein klein wenig möchte ich Einspruch erheben: Der Glibber dient der Keimhemmung, das ist sicher. Man kann ihn sicher auch abstreifen, indem man die Samen auf Papier streicht (bei meinen Gurken entferne ich deren (keimungshemmende) „Glibberhülle“ auch durch kräftiges Verstreichen in einem Sieb); aber der Glibber muss auf jeden Fall irgendwie bis zum Frühjahr seine keimhemmende Wirkung verlieren, sonst ist eine reibungslose Keimung nicht sichergestellt (obwohl sie nicht in jedem Fall verhindert werden muss).
Ich hatte mich früher gewundert, warum die Samen nicht (oder erst sehr spät) keimen, als ich sie noch einfach so getrocknet habe – bis ich erfuhr, dass die Glibberhülle der Samen keimhemmend wirkt.
Seitdem mache ich mir die Mühe, die Tomatensamen ein paar Tage in einem Glas Wasser gären zu lassen… …und bin damit noch nie schlecht gefahren.
In der „freien Natur“ wurden die (Wild)Tomaten früher ja auch von Tieren gefressen, wodurch die Hülle verdaut wurde, bzw. blieben am Boden liegen und faulten, wodurch die Hülle ebenfalls aufgelöst wurde; insofern ahmen wir mit dem Gärenlassen nur die natürlichen Prozesse nach…
Liebe Grüße, J:)
Ausführlicher geht’s wohl nicht. Wen interessiert es wo die Lampen und Samen her kommen. Man liest ewig sinnlosen Mist bevor man mit der Arbeit anfangen kann. Es geht sicherlich auch etwas Einfacher. Danke keine Lust mehr.
Lieber Lutz, natürlich gehts bestimmt auch einfacher und kürzer; aber da Du mich für die Texte nicht honorierst, kann ich halt frei nach Schnauze schreiben… …bei einem Auftragstext, den Du bezahlst, dürftest Du mich schon eher in dieser Form kritisieren.
Ich werde trotzdem mal schauen, ob ich den Text kürzen kann (habe ich getan); denn auch wenn ich Deine Kritik ein bisschen krass vorgetragen finde, nehme ich Kritik immer ernst (immerhin hast Du Dir die Mühe gemacht, sie zu äußern).
Viele Grüße und mehr Leselust auf anderen Seiten!
Jürgen
Also ehrlich Lutz, gutes Benehmen sieht anders aus! Wer zwingt dich denn zum Weiterlesen? Sicher interessiert es einige und wenn du dich so ärgerst dann behalt es doch höflicherweise für dich. Ich fand es interessant – Vielen Dank für die Mühe
Hallo Kaja, danke für Deine Unterstützung! Ich denke, die Menschen sind unterschiedlich; manche ärgern sich halt leicht und werden dann schon mal ungehalten. Ich finde eine ruhig vorgetragene Kritik natürlich angenehmer und musste erst mal ordentlich schlucken, als ich Lutz‘ Kritik gelesen habe; aber letztlich denke ich: Jede Kritik ist wertvoll, und mir ist solche Kritik sogar lieber, als wenn jemand einfach ärgerlich das Lesen einstellt.
Liebe Grüße, J:)rgen
*gg..kommt mir vor wie Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein.
Mach doch dein Ding Lutz und laß uns anderen den Einblick, wie man evt Dinge verbessern kann.
Ich habe zB keine Pflanzenlampe und nur begrenzten Platz am Fenster.
Auf youtube gibts bestimmt 0.45min Videos zur Paprikaanzucht und jede Menge Hochganzbilder ‚wie sie denn zu sein haben‘ für dich,
da ist der Frust vorprogrammiert, aber toll, daß du überhaupt hierher gefunden hast.
Gehab dich wohl und tue den Pflanzen nicht weh *wünsch
@strid