Das 5. Tomatenerntefest
oder: Welche Tomaten ich meinen Geburtstagsgästen auftischte.
Fünf Jahre sind zwar noch keine Ewigkeit, aber doch ein Grund, die 5. Wiederholung des Tomatenerntefestes größer zu feiern. Wenn ein solch kleines Jubiläum dann noch mit einem runden Geburtstag zusammenfällt, dann gilt es, so groß wie möglich zu feiern.
Und wo kann man besser groß feiern als in einem großen Garten, an meinem Lieblingsort!
(Home is where the heart is. Hat ein bisschen gedauert, bis ich den richtigen Song mit diesem Titel bei Youtube gefunden habe: Lene Lovich hat ihn in meiner „Jugend“ in den 80ern gesungen)
Um im Garten feiern zu können, habe ich meinen Geburtstag vom März in den Sommer verlegt und zwar auf den 19. August. Und da ein solches Großereignis nicht ohne Probe über die Bühne gehen konnte, gab es im Vorsommer eine kleine Vorfeier in familiärer Atmosphäre.
Aber das sind alles nur Randnotizen; hier geht es nahezu ausschließlich um den wahren Mittelpunkt des Festes, die Tomaten (is‘ ja’n Gartenblog)!
Ich kann nicht alle Besucher*innen der beiden Feste aufzählen (ALLE Eingeladenen sind gekommen trotz teilweise widriger Verkehrsverhältnisse, sogar von weit her).
Die Liste der Tomaten war aber in diesem Jahr überschaubar – ich habe mich doch tatsächlich auf 15 Sorten beschränken können und keine neue Sorte dazu gekauft; nur einigen, von Manuel wunderbar vorgezogenen Pflanzen konnte ich nicht widerstehen; deshalb kann ich sie alle aufzählen.
Als da wären:
- Martinorka (3x); 2. Nachzucht eines Mitbringsels von Martina aus Majorka im Winter 2015/16
- Pera Negra; von Manuel aus Fuerteventura mitgebracht
- Virginia Sweets (2x); Nachzucht vom letzten Jahr
- German Gold; von Manuel
- Brandywine Pink; Nachzucht von 2016
- Nachzucht Orange-roter Sämling von 2016 (2x)
- „Kazakh Schalavije“ (2x); Nachzucht von 2016. Diese dunkelgelbe Tomate habe ich von Manfred Hahm-Hartmann bekommen; bis vorhin bin ich davon ausgegangen, dass eine kleinere rote Tomate, die aus demselben Samentütchen stammte, die rechte gewesen sei
- Jannis; im Frühjahr von Elke Resnitschek auf einem Pflanzenmarkt in Fürstenberg/Havel erstanden
- Stupice; Nachzucht vom letzten Jahr
- Rolands Beste; 2. Nachzucht, 2015 in Rolands Garten geerntet
- Rote Fuerte; von Manuel aus Fuerteventura entführt
- SuperEO (4x); langjährige Nachzucht
- Ribatejo (2x); als Samen von Schwägerin Celia geschenkt bekommen
- Vesenij Mitschurinskij (3x); Nachzucht von 2016; Весенний Мичуринский, auf Deutsch: Mitschurins Frühling – Mitschurin war übrigens ein russischer Botaniker und Pflanzenzüchter, der zwar der Mendel’schen Vererbungslehre abhold war, der aber dennoch viele Obstsorten für das kalte, kontinentale, russische Klima gezüchtet hat. Ich habe die Sorte bisher fälschlicherweise mit „Vesenij Mieurinskij“ bezeichnet, was leider auch viele andere tun)
- Gelbe Fuerte (2x); von Manuel aus Fuerteventura mitgebracht. Diese Tomate musste sich im Gewächshaus neben Schlangengurken behaupten
Nun lief auch die Saison gut an; den Tunnel konnte ich mit Hilfe meiner beiden „kleinen“ Jungs an einem neuen Ort sehr perfekt aufstellen, die Tomaten einsetzen und mit Hilfe meiner Ehefrau auch ordnungsgemäß anleinen. Ich düngte die Pflanzen noch mit gut abgestandener, 10%iger Jauche, als sie mir in der Wachstumszone hellgrün zu werden schienen.
Alles war gut – bis der Sommer kam.
Und der Regen. All das Wasser, das die letzten beiden Jahre – und im Frühjahr – gefehlt hatte, wurde vom Himmel geschüttet. Der Grundwasserspiegel in meinem Talgrund stieg so sehr, dass der Boden im Folientunnel gar nicht mehr abtrocknete, obwohl kein Regentropfen auf ihn fiel.
Die Schnecken waren aus dem Häuschen und fühlten sich zwischen den dichten Blättern von Tomaten, „Berliner Netzmelone“, Paprika, Aubergine sowie hier und da sprießender Kartoffeln pudelwohl.
Als dann die Braunfäule die Tomaten heimsuchte, versuchte ich den Tomatenpflanzen anfangs noch mit Gut-Zureden und Wegschneiden zu helfen, aber irgendwann wuchs mir alles über den Kopf und ich ließ wuchern und welken und wegfressen.
Ich dachte: die eine oder andere Tomate wird schon verschont werden und für das Fest reifen.
Und so kam es dann auch: zum Fest und der damit verbundenen Geschmacksprobe waren genügend Tomaten vorhanden und auch später konnte ich noch einige Früchte sichern.
Und? Gabs eine Gewinnertomate?
Nun, das Testen verlief dieses Mal wegen der großen Teilnehmerzahl überaus chaotisch und ungeordnet, so dass ich nur bruchstückhafte Bewertungen zur Verfügung habe.
Virginia Sweets war dieses Mal wider Erwarten auch im Folientunnel außerordentlich süß geworden (meine Kolleg*innen waren begeistert, als ich ein Prachtexemplar später mit zu meiner Arbeitsstätte brachte!), Kazakh Schalavije war so würzig wie letztes Jahr versprochen, auch Stupice konnte manche Erwartungen befriedigen und meine SuperEO hat für mich auch wieder so geschmeckt, wie Tomaten meiner Erinnerung nach schmecken sollten (Schwager Henrik war allerdings – wie des Öfteren – anderer Meinung).
Die genannten vier Sorten würde ich als Gewinner des Wettbewerbs bezeichnen.
Die „Gelbe Fuerte“, eine spitzige, zuckersüße Cocktailtomate wird mit ziemlicher Sicherheit in mein Standardprogramm aufgenommen werden; aber die Cocktailtomaten durften sich beim diesjährigen Wettbewerb nur mit Ihresgleichen messen, d. h. in diesem Fall, die „Gelbe Fuerte“ musste nur mit Vesenij Mitschurinskij konkurrieren.
Vesenij Mitschurinskij war ok, aber wahrscheinlich durch meine (Über)Düngung nicht so gut wie im Vorjahr (auch einige andere Tomatenpflanzen waren nach dem Düngen nur merkwürdig gestaucht weiter gewachsen).
Kommen wir zum eher enttäuschenden Rest:
Die Nachzucht des orange-roten Sämlings von 2016 hat sich tatsächlich als Kreuzung geoutet: beide Pflanzen waren zwar kartoffel-blättrig und dieses mal eindeutig Fleischtomaten, aber ihre Farbe war unterschiedlich: die eine rosa-rot, die andere orange-rot; auf jeden Fall scheint ein Elternteil „Brandywine Pink“ zu sein. Geschmacklich waren sie gutes Mittelmaß.
Ribatejo braucht sicher portugiesisches Klima, um genügend Geschmacksstoffe zu bilden, genauso wie die aus spanischen Landen stammenden „Rote Fuerte“ und „Pera Negra“ scheinbar nur unter heimischen Klimabedingungen annehmbar schmecken können; letztere wuchs zwar wunderbar hoch und hatte zahlreiche Rispen mit perfekt aussehenden, braun-roten Früchten, aber….
Von der Tomate „Jannis“, kretischer Abstammung, hatte ich viel erwartet (Elke hatte sie mir als vorzügliche Tomate bschrieben). Sie hing dann auch prallvoll mit dicken, fetten, festen, runden, roten Tomaten, über die sich Anbauer und Handel wirklich freuen würden; Liebhaber*innen wohlschmeckender Tomaten aber werden bitter enttäuscht.
Rolands Beste wurde wohl auch durch Überdüngung geschädigt und brachte keine genießbare Frucht zur Reife.
Alles in Allem habe ich das Gefühl, dass die Tomaten bei mir auf einem absterbenden Ast sitzen, meine Begeisterung für sie hat spürbar nachgelassen – obwohl der erste sichtbare „Kreuzungserfolg“ neuen Auftrieb geben könnte.
Wir werden sehen…
Was ich aber noch anmerken muss: mir scheint, es gibt Tomatensorten, die bei Trockenheit bestens geraten (Vesenij Mitschurinskij sei hier genannt), und Sorten, die viel Wasser brauchen. Zu letzteren würde ich Virginia Sweets und Martinorka rechnen; denn diese beiden schmeckten in diesem Jahr ausgezeichnet, wohingegen beide im letzten, super-trockenen Jahr geschmacklos waren, und die Martinorka obendrein mit Blütenendfäule geschlagen war.
Das Fest war auf jeden Fall ein voller Erfolg, auch wenn ich nicht dazu gekommen bin, meinen Besucher*innen eine ausführliche Gartentour zu bieten. Dafür musste auch niemand erklärende und belehrende Monologe von mir ertragen; aber dieses Fest wird nicht das letzte gewesen sein.
Ich komme zum Schluss: Kesselgulasch gut, alles gut, wie es so schön heißt; aber Halt! den Ausklang des Festes bildete Musik, Hartmuts Gitarre und Lottes Gesang am romantischen Lagerfeuer – wunderschön! Der Gesang meiner Nichte soll auch hier den Schlussakkord bilden: