Wie der Tabak in meinen Garten kam

oder: Warum ausgerechnet ein Nichtraucher Tabak anbaut.

Die Sache muss erklärt werden; denn für diejenigen, die mich kennen und wissen, dass ich ein eingefleischter Nichtraucher und sogar Rauch-Allergiker bin, sollte es schon verwunderlich sein, dass ausgerechnet ich mich dem Tabakanbau verschrieben habe. Nun will ich zugeben, dass dies ein wenig übertrieben klingt, da ich nur ein paar Pflänzchen dieses großblättrigen Krauts aufziehe, aber ich „opfere“ dafür wertvollen Gartenboden, den meine Liebste lieber für anderes geopfert sähe.

Außerdem war ich der Meinung, dass Tabak überall auf der Welt angebaut würde, nur nicht in Deutschland (obwohl ich in jüngeren Jahren im Badischen einmal eine Begegnung mit dieser Pflanze hatte: rosa blühend füllte sie ein kleines Feld).

Als wir jedoch 2012 unseren jetzigen Garten in der Uckermark übernahmen, erzählte seine Besitzerin beiläufig, dass ihre Eltern auf jenem Stück Land früher Tabak angebaut hätten. Tabak? Ich war erstaunt.

Nicht viel später stießen wir in Vierraden – ich glaube, durch Zufall – auf das dortige Tabakmuseum. Ein Besuch brachte mir den Tabak noch näher: die Gegend um Schwedt war seit langem ein Hauptanbaugebiet des Tabaks in Deutschland. Und plötzlich bekamen all die Scheunen und Schuppen mit ihrer zugigen Holzverkleidung im oberen Bereich, die man in vielen Dörfern der Gegend noch sehen kann, eine Bedeutung: es waren Trockenschuppen für Tabak!

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Tabakschuppen in Meyenburg (Mai 2014) – noch erhalten, aber langsam verfallend

Ein Blick ins Innere des Schuppens - die vielen Stangen zum Aufhängen der Tabakblätter sind noch gut zu erkennen

Ein Blick ins Innere des Schuppens – die vielen Stangen zum Aufhängen der Tabakblätter sind noch gut zu erkennen

Nun war sonnenklar: in meinem Garten sollte Tabak wachsen!

Die Entscheidung wurde unumstößlich, als ich im Tabakmuseum auch noch Tabaksamen erstehen konnte.

Der Bericht über meinen ersten Tabakanbau wird eine andere Seite füllen; hier schließe ich nur noch einen Verweis auf eine Internetseite an, die bezeugt, dass der Tabakanbau in Deutschland dereinst tatsächlich weit verbreitet war – und es ihn auch heute noch an wenigen Stellen gibt.

Infos zum Tabakanbau bei Schwedt:

  • 1685: Erste Tabakpflanzer aus Frankreich siedeln sich im Zuge der Einwanderung von Hugenotten in Schwedt an. Sie führen den Tabakanbau ein.
  • 1787: Die Brüder Harlan errichten die erste Tabakmanufaktur in Schwedt.
  • In den folgenden 150 Jahren bestimmte vor allem die Tabakproduktion das wirtschaftliche Leben in Schwedt. Etwa ein Drittel der am Ende des 19. Jahrhunderts auf 10 000 Einwohner gewachsenen Bevölkerung baute Tabak an oder arbeitete in den zahlreichen kleinen Tabak- und Zigarrenfabriken. (Aus der Stadtgeschichte)
  • 1858: Der erste öffentliche Tabakmarkt wird abgehalten.
  • 1860: Es gibt 13 Tabakmanufakturen in Schwedt.
  • 1953: Der Volkseigene Betrieb (VEB) Rohtabak Schwedt wird gegründet.
  • 2009: Ende des Tabakanbaus in der Gegend von Schwedt