Ich esse ein Käsebrötchen

oder: Wie Kleinigkeiten das Leben lebenswert machen können.

Liebe*r Leser*in, entschuldige, aber wann ist eine Sache zu banal, um der Welt mitgeteilt zu werden?

Ich lese Blogs, in denen Wanderungen von A nach B ausführlich dargestellt werden, oder ein Nachmittag mit Freunden oder den Enkeln; aber ein Beitrag darüber, wie ein Käsebrötchen genossen wird – geht das?

Es geht, wie Du liest.

Sonntagmorgen, der 27. August 2017, ich bin allein im Garten, habe den Tisch an meinem Lieblingsplatz unter dem Werkstattvordach gedeckt. Es ist noch früh, vielleicht 8.30 Uhr, nur die Krähen und Raben sind schon wach und aktiv, der Himmel ist sich noch nicht sicher, ob er sich auflockern soll, die Brötchen sind aufgebacken, eine Gurke und drei Tomaten liegen, frisch geerntet, auf dem Tisch – da fällt mir der Rettich ein, dessen Samen ich im Frühjahr aus Istanbul mitgebracht und irgendwann im Laufe des Mai auch ausgesät hatte.

Aus den winzigen Samen sind mittlerweile stattliche Pflanzen geworden.

Ich stehe auf, gehe zu ihnen hinüber und ziehe ein mittelgroßes Exemplar aus dem Boden, putze es und bringe es zurück an meinen Frühstückstisch.

Rettich aus türkischen Samen

Dort schneide ich es in hauchdünne Scheiben.

Er schmeckt butterweich, ganz leicht nach Meerettich, man spürt einen Hauch von Schärfe – ich würde sagen, genau der richtige Rettich für jemanden, der weder scharfe noch knackige Rettiche mag.

Das warme Brötchen dünn mit Butter bestrichen, ein x-beliebiger Emmentaler vom Discounter, dünn geschnitten und dick drauf gelegt (wie mein Großvater mütterlicherseits zu sagen pflegte), darauf die Rettichscheiben und ganz oben als Krönung ein paar Scheiben Tomaten (der Sorte Stupice; jede andere tut es sicherlich auch): ich war mit mir und der Welt im Reinen – auch wenn meine Ehe in Frage gestellt ist und ich bisher keine Fotos in Händen halte, um das 5. Tomatenerntefest gebührend zu dokumentieren.

Käsebrötchen, zwei Mal angebissen

Ich könnte lamentieren; aber die winzig kleinen, wunderbaren Dinge machen das Leben lebenswert – sie werden nur zu selten bemerkt – und noch seltener berichtet.