Allein unter Gurken

oder: Was man alles über Gurken und ihren Anbau wissen kann.

Den Titel und das konstruierte Titelbild eines Buches über regionale Ernährung nutze ich als Rahmen für eine Gesamtdarstellung meines bisherigen Gurkenanbaus sowie ein paar Gedanken über Sinn und Unsinn von „jungfernfrüchtigen“ (parthenocarpen) Gurkensorten im Hobby-Garten.

F1- und parthenokarpe Gemüsesorten sollten im Freizeitbereich gesetzlich verboten werden! Ich plädiere hiermit ausdrücklich dafür.

Bevor ein Aufschrei losbricht: Wir leben nicht nur im Jahr des Schweins sondern auch im Jahr der Gurke.
Ja, ja.

Ich fange mit dem Buch an.

Ein abenteuerlicher Versuch, sich regional zu ernähren

Der gebürtige Berliner und ehemalige „Tatort“-Kommissar Andreas Hoppe hat ein Buch veröffentlicht, in dem er ausführlich seinen Versuch schildert, sich regional, d. h. aus einem Umkreis von 100 Kilometern zu ernähren. Das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist für ihn ein Abenteuer, vor allem, weil er es mit deutscher Gründlichkeit tun will: hundertfuffzichprozentich.

Warum er sich auf ein solch verrücktes Abenteuer einlassen will, muss er seiner kopfschüttelnden Umgebung natürlich seitenlang erklären – und ich als Leser muss das kopfschüttelnd mitverfolgen; aber vielleicht waren die Zeiten im Jahre 2009, dem Erscheinungsjahr des Buches, ja noch andere.

Letztlich scheitert sein Versuch an seinen Gewohnheiten, Genussvorlieben, gartenbaulichen Unkenntnissen, seinem Verdruss am Ernteüberschuss und dem begrenzten regionalen Angebot ebenso wie die Versuche anderer, sich selbst zu 100 Prozent aus dem eigenen Garten zu versorgen.

Doch Versuch macht kluch und Anregungen, über Herkunft, Reifezeiten und Transportkosten von Obst und Gemüse nachzudenken, sind immer aller Ehren wert.

Käsebrot mit regionaler Schlangen-Gurke (so gerade noch aus dem 100 km-Umkreis); 7. Juli 2017

Für mich war es leider keine reine Freude, die Schwierigkeiten, Beobachtungen und Gedankengänge des Autors und seiner Co-Autorin Jacqueline Roussety nachzuvollziehen, die sie über 262 Seiten ausbreiten, weil sich ihre, mit merklicher Mühe zusammengezimmerten Sprachbilder immer wieder in meinen Gehirnwindungen verkanteten.

Meine Abneigung, den Text zu lesen, wurde bald ebenso stark wie der Widerwille der Autoren, diesen zu schreiben : „Wir mühten uns ab, irgendwie eine Abwechslung in die Wortabfolge zu zaubern. Dazu gehörte Wortsuppe in allen Varianten, bis sie mir aus den Ohren rausquoll. Wortsnacks geschmort, gedünstet, gebraten, geschnippelt, verschmäht und letztendlich weggeworfen. Irgendwann schnippelte ich die Worte derart klein, dass sie nicht mehr als Worte erkennbar waren. Nicht selten träumte ich von einem Glas „perverser“ Gewürzworte, so ganz allein irgendwo mitten in der Stadt.“ S. 214 (Ich gebe zu, ich habe geschummelt und in diesem Abschnitt immer „Kürbis“ und „Gurke“ gegen „Wort“ ausgetauscht)

Zwei Original-Ausschnitte, die von Gurken handeln, mögen als Beispiel für schlechten Stil dienen. Dass mein Urteil total subjektiv ist, wird dadurch deutlich, dass für andere gerade dieser Stil ein Anlass ist, das Buch zu empfehlen.

Hals einer Schlangengurke 2017

Aber lest selbst…

„Ayleen bemerkte irgendwann nachdenklich, dass die Gurken von Weitem wie eine Horde erigierter Penisse aussahen, wie sie so steif und fest an ihren Klettergerüsten klebten und dabei seltsam abstanden. Gelbe Blüten zierten diese weit sichtbare Potenz. Daneben protzten die Riesenkürbisse, die sich mittlerweile im Beet breitgemacht hatten. Ihre helle und hautfarbene Schale erinnerte mich eher an wohlgeformte Brüste, und so schielten wir beide ab und an heimlich aus dem Fenster, starrten auf unsere fleischlich und sündig gewordenen Beete, die sich trotz Temperaturschwankungen ziemlich prall vor uns präsentierten.“ S. 183

„Meine beste Idee allerdings war das Aufstellen einer Regentonne! Somit konnte ich Hunderte Liter regionales Regenwasser sammeln, das ab sofort für Garten und Haushalt genutzt wurde. Das Wasser wurde von der Sonne gewärmt, damit konnte ich den Kompost wässern, und mit Brennesseljauche gemischt erhielt ich ein wunderbares Düngemittel für die Gurken, die danach noch erigierter an ihrem grobmaschigen Draht hingen.“ S. 184

Wer das Buch selbst lesen möchte, kann es sich z. B. bei meinem Haus- und Hof-Buchlieferanten-Portal BOOKLOOKER günstig verschaffen: Andreas Hoppe, „Allein unter Gurken“, PENDO– bzw. PIPER-Verlag, 2009 und 2011.

Von jungfernfrüchtigen Gurken

Zwischen erigierten Penis-Gurken und Gurkenjungfern, die ohne Befruchtung Frucht ansetzen, sollten eigentlich Welten liegen, aber bei genauer Betrachtung ist dem nicht so: Beide können sowohl das eine als auch das andere sein. Man sieht einer Penis-Gurke nicht an, ob sie ihr Dasein allein einem rein weiblichen Zeugungsakt verdankt.

Weibliche Gurkenblüte

Weibliche, parthenocarpe Gurkenblüte, Juli 2018

Ja, die Gurkenfrauen sind schon weiter als manche Menschenfrauen, die sich ähnliches wünschen: Ohne männliche Beihilfe Nachwuchs entstehen lassen.

Solche „jungfernfrüchtigen“ (fachsprachlich „parthenocarpen“) Gurkensorten sind bei den Züchterkonzernen noch viel beliebter als die schon weit verbreiteten Hybrid-Gurken (F1-Gurken): Diese Sorten bilden Gurkenfrüchte, ohne befruchtet werden zu müssen.

Sehr junge weibliche, „normale“ Gurkenblüte am 15. Juni 2017

Weibliche Blüte einer Chinesischen Schlangengurke kurz vor dem Aufblühen am 15. Juni 2017

Sie brauchen deshalb keine männlichen Blüten – und haben sie auch nicht (sie sind gynözisch, sprich: rein weiblich blühend).

Die Geschlechterverteilung bei Blütenpflanzen

Meine treuen Leser*innen wissen ja, dass Gurkenpflanzen normalerweise, also früher, einhäusig (monözisch) waren, d. h., dass sie männliche und weibliche Blüten besaßen.

Für alle anderen: Pflanzen können zwittrig, monözisch oder diözisch (zweihäusig) sein. Bei den zwittrigen sitzen männliche und weibliche Geschlechtsorgane zusammen in einer Blüte, bei den monözischen hat jedes Geschlecht eigene Blüten und bei den diözischen Pflanzen verteilen sich die Blüten der beiden Geschlechter auf zwei Pflanzen.

Solche jungfernfrüchtigen Gurkensorten bilden mithin auch keine Samen mehr aus. Man kann sie deshalb unter keinen Umständen weitervermehren, selbst dann nicht, wenn man wollte (was man ja bei Hybrid-Pflanzen immerhin noch kann).

Nur der Züchter kann mit Hilfe von Chemikalien oder Hormonen die Ausbildung männlicher Blüten stimulieren und so neues Saatgut dieser Gurkensorten gewinnen.

OK, jeder andere, der sich auskennt und die entsprechenden Stoffe zur Verfügung hat, kann das ebenfalls tun.

Blick in geöffnete weibliche Gurkenblüte

Blick in geöffnete normal-weibliche Gurkenblüte

Befruchtete weibliche Gurkenblüte

Befruchtete weibliche Gurkenblüte

Hobby-Gärtner*innen haben derartige Stoffe aber zumeist nicht im Haus. Was der Hobby-Gärtner und die Hobby-Gärtnerin allerdings tun können: Sie können in der Nachbarschaft der Jungferngurke eine Gurkensorte wachsen lassen, die noch männliche Blüten hat (von denen es leider nur noch wenige gibt); dann bilden auch die parthenokarpen Sorten Samen aus, wenigstens ein paar.

Durch diesen Trick kann jeder die Qualitäten einer jungfernfrüchtigen Sorte ins eigene Züchtungsprogramm entführen.

Verschiedene „Schlangen“-Gurkensorten zusammen in einem Gewächshaus (15. Juni 2018)

Gesetzliches Verbot moderner „Zuchtsorten“ im Hobby-Garten

Wer die Menschheit retten oder auch nur einfach eigenes Saatgut gewinnen will, lässt die Finger von solchen „Gurkenjungfern“ – auch wenn er nur 18 statt 20 Gurken erntet, die er unter optimalen Anbaubedingungen von den „jungfernfrüchtigen“ ernten könnte.

Das Hauptargument für die Verbreitung dieser Gurken lautet nämlich mal wieder: Ihr Ertrag ist höher, weil sie keine Energie für männliche Blüten verschwenden müssen.

Ja, ja, die (angeblich) erhöhte Krankheitsresistenz soll ich hier auch noch anführen – meinen die Werbestrategen.

Außerdem kommen sie ohne Insekten klar, die normalerweise die weiblichen Blüten bestäuben müssen, damit sich Früchte bilden; das ist beim Anbau in hermetisch abgeschlossenen Gewächshäusern ein unschätzbarer Vorteil.

Die Bildung von (am besten noch samenlosen) Früchten ohne männliche Einflussnahme bei allen Nutzpflanzen, deren Früchte wir verzehren, ist der große Traum der heutigen Züchter: lästige Bestäuberinsekten, wie Bienen, sind verzichtbar und die Einnahmen aus dem Saatgutverkauf „auf ewig“ gesichert.

Männliche Gurkenblüte einer „Chinesischen Schlange“, Juni 2017

Man kann das auch Produktivitätssteigerung nennen.

Für die Grundversorgung der Menschheit durch den industriellen Massenanbau und die stetige Fortentwicklung der Massenproduktion halte ich das noch für vertretbar, zumindest so lange, bis die höchste Stufe der kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft erreicht ist: Das Monopol eines Züchtungsbetriebes, der sich in Privatbesitz befindet.

Aber unter keinen Umständen darf sich diese Wirtschaftsform im Hobby-Garten und auf den Bio-Anbauflächen durchsetzen; denn diese sind das einzige Reservoir für Eigenschaften unserer Kulturpflanzen, die bei Klima- oder sonstigen Veränderungen nützlich sein können.

Der gesamte Bereich der Freizeit-Nutzgärten- und der Bio-Landwirtschaft sollte als lebendige Genbank dienen!

Hobby-Gärtner*innen brauchen keinen Maximalertrag! Bio-Anbauer*innen sollten verminderte Erträge durch höhere Preise ausgleichen (können). In diesen Bereichen darf die Ertragsmaximierung nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Sortenwahl sein!

Maximaler Ertrag von Gurkenpflanzen

Gurken-Maximalertrag am 19. August 2018

Ihr merkt: Je mehr ich mich mit diesem Thema beschäftige, desto brisanter erscheint es mir und desto mehr errege ich mich.

Ich bin fast so weit, für ein gesetzliches Verkaufsverbot von F1- und parthenokarpen Sorten im Freizeitgartenbereich zu plädieren. In Hobby-Gärten sollten nur samenfeste Sorten genutzt werden. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe von hoher Wichtigkeit, die genetische Vielfalt der Kulturpflanzen zu erhalten – nein, zu vermehren.

Das Mindeste, das staatliche Stellen heute schon tun könnten, ist, für den „Anbau von Gurken im Kleingewächshaus“ anstatt der ertragreichen, angeblich widerstandsfähigeren, jungfernfrüchtigen F1-Hybrid-Gurkensorten ausschließlich samenfeste Sorten zu empfehlen.

Leider werden auch von diesen öffentlichen Einrichtungen so oft wie möglich F1-„Gemüsesorten für den Freizeitgärtner“ empfohlen. Das vordringlichste Kriterium, der Erhalt und die Vermehrung der genetischen Vielfalt, spielt keine Rolle.

Traurig; aber das wird sich bald ändern – da bin ich mir sicher.

Verspätete Essiggurkenernte

Verspätete Essiggurkenernte, großteils nur noch als Salat- und Salzgurken geeignet (29. Juli 2016)

Bei einer eigenen Saatgutgewinnung könnte jede*r neben der uralten Planzen-Verbesserungsmethode, der einfachen Selektion der „Besten“, auch mit Hilfe der klassischen, konventionellen Pflanzenzüchtung, der gezielten Kreuzung der „Besten“, versuchen, für stetige Anpassungen und Verbesserungen unserer Kulturpflanzen zu sorgen – anstatt jedes Jahr wieder teuer F1-Saatgut zu kaufen und damit den extrem gefährlichen Weg mitzugehen, die genetische Variabilität unserer Kulturpflanzen extrem einzuengen.

Auch bei den Gurken ist schon außerordentlich viel genetische Vielfalt verloren gegangen. Von den vielen regionalen Besonderheiten, die es mal gab, haben nur ganz wenige überlebt (An den Schluss dieses Beitrages werde ich eine Liste mit allen Sortennamen anhängen, die ich in meinen vier alten Büchern über Gurken-Anbau gefunden habe. Jede*r kann dann mal versuchen, von diesen Sorten irgendwo Saatgut zu bekommen).

Gurkenernte am 19. Juli 2018

Einige dieser alten Gurkensorten sollen in den folgenden Abschnitten die Hauptrolle spielen; in weiteren Kapiteln werde ich als Magier auftreten, der neue Sorten aus dem Hut zaubert.

Mein Anbau von Einlegegurken

Vorgeschichtchen zum Anbau von Einlegegurken sind hier und hier und hier schon geschrieben worden, aber jetzt werden sie zusammengefasst:

Die große Unbekannte

Den Namen der Gurkensorte, die 2012 mit mir die Gartennutzung begann, weiß ich leider heute nicht mehr: Mein Sohn Juri hatte das Samentütchen aus der Schule mitgebracht. Diese Gurke hatte im Jugendstadium ausgeprägte Stacheln; sie blies sich meiner Erinnerung nach auch gewaltig auf, wenn man sie gewähren ließ.

Nachzucht der Ur-Gurke

Nachzucht der Ur-Gurke von 2012 im Jahre 2016

Die Vorgebirgstraube

Als zweite und bewusst gewählte (samenfeste) Sorte kam 2014 die Sorte „Vorgebirgstrauben“ in meinen Garten. Sie hat mir zu einem ersten Erfolgserlebnis bei der „Essiggurken“-Produktion verholfen.

Vorgebirgstrauben

Die „Vorgebirgstrauben“ am 28. Juni 2014

Einigermaßen brauchbare, zukünftige Essigkurken

Einigermaßen brauchbare, zukünftige Essigkurken (18. Juli 2014)

Ausgewachsene, übergroß gewordene, leuchtend gelbe Exemplare dienten damals ausschließlich zur Samengewinnung. Von weiteren Verwendungsmöglichkeiten ahnte ich nicht einmal etwas.

Vorgebirgstrauben
„Größte Traubengurkensorte, schlank, fast ohne Hals, Blütenende etwas bauchig abgerundet. Schale ähnlich wie bei der Grochlitzer, ziemlich dünn, feinpockig, mit vielen kleinen Unebenheiten, zahlreiche kleinen Warzen, zahlreiche, schwarze, bei der Reife abfallende Stacheln. Moosgrün, jung deutlich gestreift, reif gelb. Fruchtquerschnitt dreieckig, Fruchtfleisch weich bis ziemlich fest, Kernhaus groß. Blätter ziemlich groß, grün, obere Blattspitzen deutlich, die unteren undeutlich. Sehr ertragreich. Ziemlich hart gegen ungünstige Witterung. Als Sterilisier-, Einlege- und Essiggurke verwendbar.“ habe ich aus dem „Handbuch des gesamten Gemüsebaus“ von Josef Becker (4. Aufl., Paul Parey-Verlag, Berlin, 1943) abgeschrieben.Das Oberpfälzer Freilandmuseum ergänzt: „Die kleine widerstandsfähige Freilandgurke stammt aus dem Vorgebirge bei Bonn.“

„Der Anbau dieser Gurkensorte spielte im Rheinland früher eine große Rolle. In den alten Samenkatalogen, welche von uns auf lokale Sorten durchgesehen wurden, ist sie immer wieder zu finden. Sie ist auch heute noch im Handel erhältlich und wird in Gemüsegärten zur Selbstversorgung noch kultiviert.

Die Sorte Vorgebirgstrauben wird hauptsächlich zum Konservieren angebaut. Zu groß gewordene Früchte werden aber auch als Salatgurke gegessen und ausgereift für Gurkengemüse und Senfgurken verwandt.“ wissen die Botanischen Gärten der Universität Bonn noch hinzuzufügen.

In den Jahren 2015, 2016 und 2017 experimentierte ich ausschließlich mit selbst gewonnenem Saatgut.

Trotz teilweise mieser äußerer Bedingungen und nachlassender Konzentration auf die Gurkenpflanzenpflege – die möglicherweise durch die noch unverbrauchten Essiggurkenvorräte vorangegangener Jahre bedingt war – hatte ich nie das Gefühl, von allen guten Gurken verlassen worden zu sein.

Nachzucht der „Vorgebirgstrauben“ (2016)

2017 war ein Tiefpunkt beim Einsatz für meine Freilandgurken erreicht. Drei Pflänzchen kümmerten in einem Gartenwinkel dahin.

Nur das gnädige Schicksal verhinderte ihren völligen Niedergang und sorgte sogar dafür, dass zwischen den Kartoffeln zur rechten Zeit ein Same aus vergangenen Zeiten keimte.

Ein Gurke wächst zwischen den Kartoffeln. Manchmal muss das Schicksal nachhelfen… (3. August 2017)

Delikatess

Ich glaube, es war 2018, als ich mich an einem „Bunte-Tütchen“-Ständer mal wieder nicht zurückhalten konnte und ein Päckchen mit Samen einer weiteren Gurkensorte in den Einkaufswagen fallen ließ: „Delikatess“ lautete ihr Sortenname.

Die Gurken dieser Sorte waren im Jugendstadium ebenso brauchbare Essiggurken wie die „Vorgebirgstrauben“, ich konnte sie zumindest nicht von jenen unterscheiden (ob sie weniger „traubenförmig“ an der Pflanze sitzen, muss ich in den kommenden Jahren noch genauer beobachten).

Erntegut vom 13. Juli 2018

Delikateß
Mittellang, walzenförmig, Hals kurz und breit, Blütenende leicht verdickt abgerundet. Schale fest, elastisch, bedeckt mit sehr zahlreichen feinen Pocken. Warzen sehr zahlreich, klein, auf der ganzen Gurke mit Ausnahme des Halses. Stacheln weiß und bald abfallend. Dunkelgrün, jung deutlich gestreift, im Alter nur noch am Blütenende, reif grün bleibend. Fruchtquerschnitt dreieckig, Fruchtfleisch fest, ziemlich dick, Kernhaus mittelgroß. Blatt mittelgroß, dunkelgrün, obere Blattspitzen deutlich ausgeprägt. Hauptsorte zur Sterilisation in Büchsen, ausgewachsen auch als Schälgurke verwendbar. Sehr empfehlenswerte Sorte für Groß- und Kleinanbau. Ziemlich widerstandfähig gegen Krätze, am widerstandsfähigsten unter allen Sorten.
(aus: „Handbuch des gesamten Gemüsebaus“)

In ausgewachsenem Zustand jedoch waren die beiden Gurkensorten „Vorgebirgstrauben“ und „Delikatess“ deutlich unterscheidbar.

Die Entdeckung der Schmorgurke

Die „Delikatess“-Gurken waren ausgewachsen größer, dicker, fester und nur hell-gelb bis weißlich-grünlich; sie blieben auch ewig-lange fest, während die kräftig gelben „Vorgebirgstrauben“ nach einer gewissen Lagerzeit schwammiges, weiches Fleisch bekamen.

Drei ausgewachsene Gurkensorten: Delikatess, Vorgebirgstaruben und eine Kreuzung?

„Delikatess“ links, „Vorgebirgstrauben“ Mitte, rechts eine Kreuzung oder variable „Vorgebirgstrauben“?

Die ausgewachsenen „Delikatess“-Gurken sahen so fest und glatt und appetitlich aus, dass ich kaum glauben konnte, dass ich nur sehr wenige von ihnen zur Saatgutgewinnung nutzen können sollte; denn natürlich waren viel zu viele aus dem Essiggurkenstadium herausgewachsen.

Woher der Gedanke kam, weiß ich nicht mehr: Ich fragte mich, ob ich sie nicht als „Schmorgurke“ verwenden könnte?

Nur einmal in meinem Leben hatte ich Schmorgurken gegessen: Meine Freundin Janna hatte sie irgendwann einmal gekocht und sie als ein Lieblingsgericht bezeichnet (das Rezept gibt’s in den Kommentaren unten).
Ich hatte immer gedacht, dass „Schmorgurke“ eine besondere Gurkensorte sei, die heute nicht mehr gegessen würde (so wie die Innereien von Tieren).

2018er, von selbst entstandener Gurken-Sämling im Tomatentunnel (vor „Charly Green“)

Nun durchsuchte ich das Internet und befragte ältere Damen nach Rezepten für „Schmorgurken“. Und tatsächlich, ich wurde fündig: Mein erstes, selbst zubereitetes Schmorgurkengericht waren „Pommersche Schmorgurken“. Einfach und saulecker.

Im letzten Jahr (ich will immer „in diesem Jahr“ schreiben – ich zehre immer noch vom wunderbaren letzten Jahr und arbeite es hiermit auf) verschonte ich deshalb guten Gewissens noch mehr Gurken von einem tristen Essiggurken-Dasein und schenkte ihnen das lange Leben einer Schmorgurke (ein paar liegen immer noch in der Küche; eine wurde gestern noch einmal zur „Pommerschen Schmorgurke)“.

Ich konnte mit einigen Exemplaren sogar meine Zahnärztin und ihre Assistentin zwar nicht bezahlen aber doch wenigstens begeistern. Auch ich bin mittlerweile ein Fan von Gurkengerichten; jetzt muss ich nur noch meine Kinder von ihnen überzeugen, was ich von der folgenden Gurkensorte nicht mehr muss: Der Salatgurke.

„Chinesische Schlangen“- Salatgurke

Die Chinesische Schlangengurke

Mein erster Anbauversuch mit Salatgurken fiel ins Jahr 2017.

Wieder war es der Saatgut-Ständer in einem Baumarkt, der Tütchen mit der Aufschrift „Chinese Slangen“ und dem Bild gut aussehender Salatgurken enthielt – und mich in Versuchung führte.

Die Folgen dieser Versuchung – der ich nach hartem inneren Ringen erlag – zeigen die folgenden Bilder:

Ich zog diese Gurke wie jede andere Anfang April vor und setzte dann vier Pflanzen Mitte Mai ins kleine Gewächshaus. In den ersten Wochen spannte ich für die sich bildenden Seitentriebe noch senkrechte Wäscheleinen, um die ich die Triebe ein paar Mal wickelte, bis sie sich selbst mit ihren Ranken festhielten.

An einer Wäscheleine aufwärts geführter Gurkentrieb

An einer Wäscheleine aufwärts geführter Gurkentrieb

Die Ranken der Gurken
In jeder Blattachsel entspringt eine unverzweigte Ranke. (Wikipedia) Ranken sind Umbildungen von Sprossachsen, Blättern oder Blattteilen, die stängel- oder fadenförmig sind und sich an einem Substrat festhalten, indem sie dieses umschlingen. (Wikipedia)„Zunächst wächst eine Ranke gerade nach oben, bis sie Halt findet und sich um Ast, Vorsprung oder Rankgitter windet. Dann zieht sich der lange Strang spiralförmig zusammen – mit einer linksdrehenden und einer rechtsdrehenden Spirale, die in der Mitte „umspringt“ – und hebt so den Rest der Pflanze gegen die Schwerkraft weiter nach oben. Auf plötzlichen Zug verdrillt sich die Ranke nur noch mehr. Erst wenn sie kontinuierlich und kräftig weiter gezogen wird, entrollt sie sich wie andere Spiralen auch.

Das Geheimnis liegt in der asymmetrischen Verteilung spezieller Zellen in der Ranke: Wie ein dünnes Band ziehen sie sich über ihre ganze Länge und verhärten sich nach dem Haltfassen der Ranke. Weil das nur auf einer Seite geschieht, verdrillt sie sich.“ (Welt der Physik)

Später ließ ich das etwas schleifen, so dass sich die Triebe der Gurkenpflanzen, die sich ständig vermehrten, munter umeinanderwickelten und ein unentwirrbares Knäuel bildeten. Es machte Spaß, irgendwo immer eine pflückbare Gurke zu entdecken – manchmal leider auch an unzugänglichen Stellen.

Schwer zu pflückende Salatgurke

Schwer erreichbare Salatgurke

Ja, ich wurde ein Liebhaber des Salatgurkenanbaus. Die „Chinesische Schlangengurke“, eine alte, samenfeste Sorte, bescherte mir (und auch meinen Jungs, dem kleinsten vor allem) ein paar genussvolle Momente.

Käsebrötchen mit Salatgurkenscheiben

Käsebrötchen mit Salatgurkenscheiben (17. Juli 2017)

Und das Schöne dabei: Auch diese Gurke lässt sich ganz wunderbar als Schmorgurke verwenden, wenn man es mal wieder nicht geschafft hat, sie rechtzeitig zu ernten.

Chinesische Schlangen
Echte Schlangengurke. Sehr lang (etwa 40 cm), schmal, im Querschnitt rund, Hals langgestreckt, Blütenende leicht verdickt abgerundet. Schale fest, glatt, mit feinem Wachsüberzug. Wenig grobe Warzen, im Alter verschwindend. Weiße Stacheln um die Mitte der Frucht. Dunkelgrün, gegen das Blütenende zu sichtbare Streifung, bei der Reife grünbleibend. Fruchtfleisch dick, zart, Kernhaus klein, Querschnitt der Frucht rund. Blatt groß, dunkelgrün, die oberen Blattspitzen scharf, die unteren wenig ausgebildet. Ertrag und Widerstandfähigkeit gegen Krankheiten gut. Salatgurke.
„Handbuch des gesamten Gemüsebaus“ von Josef Becker (4. Aufl., Paul Parey-Verlag, Berlin, 1943)

Doch mit einer Salatgurkensorte allein kann ich nicht leben, das weiß jeder, der meinen Blog ausgiebig studiert hat.

Als ich im Dezember 2017 dem Oberhaupt der Kartoffelzucht Böhm in Lüneburg und der dort lebenden Mutter meines großen Sohnes einen Besuch abstattete, war es ihr Name, der mich zwang, in „Meyers Windmühle“ Saatgut einer parthenocarpen Sorte zu erstehen: Sie trug den selben Namen. Aus Gründen der von mir hoch geachteten Gleichberechtigung musste die Sorte „Saladin“ noch ins Programm, ebenfalls Generation F1, aber mit einem männlichen Namen und wenigstens noch ein paar männlichen Blüten.

Damit waren nicht nur „KIEPENKERL“ und „SPERLI“ unter einem Unternehmensdach vereint, sondern auch drei verschiedene Gurkensorten unter dem Dach meines Kleingewächshauses. Meine Geduld sowie die Nähe männlicher Blüten der „Chinesischen Schlangen“ hat in je einem Exemplar der beiden jungfernfrüchtigen Gurkensorten zur Samenbildung geführt, aber in beiden Fällen nicht zu einer genussfähigen Schmorgurke. Diese modernen Sorten werden weich und labberig, wenn sie alt werden.

Gurkenwirrwarr, 26. August 2018

Jetzt habe ich nicht nur Bohnen-, Mais- und Zwiebel-, sondern auch noch Gurkensamen, aus denen mir Überraschungen blühen können.

O, das wird ein spannendes Jahr!

Krankheit und Tod bei Gurken

Bei der Recherche zu diesem Beitrag bin ich über Seiten gestolpert, die sich mit den Krankheiten der Gurken befassen. Leider musste ich dabei feststellen, dass ein Blatt, das ich bisher nur interessant gemustert fand, diese Musterung der Saugtätigkeit der Gemeinen Spinnmilbe alias Rote Spinne (Tetranychus urticae) verdankt. Das ist gemein!

Gurkenblatt mit Milben an der Unterseite am 19. Juli 2018

Meine Salatgurken sind also vorzeitig dahingerafft worden, ohne dass mir dies besonders aufgefallen wäre. Trotzdem scheinen mir meine beiden „Chinesischen Schlange“ den Milben länger widerstanden zu haben als „Bella“ und „Saladin“.

Die noch grünen Blätter gehören den „Chinesischen Schlangen“ (17. Juli 2018)

Noch eine Anmerkung möchte ich in diesem Kapitel anfügen (auch damit ich es mir selber merke): Gurken brauchen nicht so lange, um erste Früchte zu produzieren; deshalb kann man auch noch genügend Früchte ernten, wenn man die Gurken Ende Mai ins Freiland sät.

Dies scheint mir sogar den Vorteil zu haben, dass man länger Gurken ernten kann; denn wenn die Gurkenpflanzen im August in vollem Saft stehen, also gerade erst den Höhepunkt ihres Lebens erreicht haben, sind sie nicht so anfällig für Krankheiten, die Pflanzen im „Rentenalter“ fix zugrunde richten.

Irgendwann ist immer alles zu Ende; 2018 war das am 11. August

Nun, das ist bisher nur eine Hypothese, die sich allein auf die Erfahrung mit einer Pflanze im Jahre 2017 stützt (siehe oben); aber sie ist meiner Meinung nach der Überprüfung wert.

Nach diesem kurzen Abstecher ins Reich der Vergänglichkeit folgt der Blick in die blühende Zukunft.

In Zukunft: Mehr Gurkenvielfalt

In diesem Jahr will ich es noch bunter treiben, viel reicht mir nicht. Ich will nicht nur meine Mischungen aus „China-Schlange“, „Bella“ und „Saladin“ mit Leben füllen, sondern auch den Freilandgurken neues genetisches Potential zuführen.

Aus diesem Grunde habe ich mir noch den „Berliner Aal“ an Land gezogen (oder heißt es „die Berliner Aal“?).

Als ich neulich nach der Buschbohne „Berliner Markthallen“ fahndete, stieß ich bei der Kooperative „Samenbau-Nordost“ nicht nur auf diese (Alt-)Berliner Bohnen sondern auch auf eine als „Berliner Aalgurke“ bezeichnete Gurkensorte.

Im Büchlein „Gurke, Melone, Kürbis“ von Thoedor Lange (Siegismund-Verlag, Berlin, 1900) wird sie zwar unter „Treibgurken“ (s. u.) gelistet, aber „Auch für das freie Land vorzüglich“ gepriesen.

Gurkensorten: Tine und der Berliner Aal

Tine und der Berliner Aal

Dazu kommt in diesem Jahr noch die Schäl-Gurke „Tine“, die ich neulich im Saatgut-Ständer eines Discounters entdeckt habe. Ohne den sonst obligatorischen Aufdruck „F1“ (dass er zu Recht fehlt, wurde mir übrigens durch die „Plant Variety Database“ der Europäischen Kommission bestätigt).

Viel mehr konnte ich über diese Sorte allerdings nicht in Erfahrung bringen.
Nur noch, dass „Herr Dr. Hans Rolf Späth“ Inhaber der Sortenschutzrechte ist. Dr. Späth steht sowohl mit der Südwestdeutsche Saatzucht GmbH & Co. KG, der Südwestdeutsche Biosaaten GmbH & Co. KG als auch der Saaten-Union in Verbindung.

Egal. Ich bin gespannt, wie sich meine Freilandgurken in diesem Jahr miteinander vertragen.

Ich werde das mit dem Sortenkrimskrams sowieso aufgeben. Namen sind doch nichts als Schall & Rauch! Bei mir soll sich alles munter bunter mischen!

Was ich brauche sind Gurkenpflanzen, die in meinem Garten wachsen und mir die notwendigen Grundlagen für Rezepte liefern; welche Namen die Gurken dabei tragen, mein Gott

Wenn ich nach Jahren des regelmäßigen Anbaus und der stetigen Auswahl irgendwelche samenfesten, „sortenechten“ Pflanzen erzeugt haben sollte, na, dann gebe ich ihnen auch einen Namen, wenn irgendjemand darauf Wert legt – oder irgendjemand anderes, der über meine Gurkensorten sprechen will, gibt ihnen einen Namen – wenn ihm nichts Besseres einfällt, auch meinetwegen meinen oder den meiner Lokalität.

In der nächsten Zeit wird auf jeden Fall ein Beitrag lauten: „Liebe Sortenerhalter*innen, erhaltet keine alten Namen, schafft lieber neue Sorten, neue genetische Vielfalt!“

So viel ist schon mal klar.

Samengewinnung bei Gurken

Damit das mit der Sortenvermehrung was wird, will ich noch einen Abschnitt anhängen, der beschreibt, wie man an die Samen der Gurken kommt und was dabei zu beachten ist.

Samen einer Chinesischen Schlangen-Gurke

Samen einer „Chinesischen Schlange“

Ich mache es mir einfach und schreibe die wichtigsten Dinge aus dem ausgezeichneten Werk von Josef Becker: „Handbuch des gesamten Gemüsebaus“ ab, das ich einer lieben Cousine zu verdanken habe (das möchte ich hier mal ausdrücklich vermerken).

10. Der Samenbau der Gurke
…Man bezeichnet im Bestande die besten und kräftigsten Pflanzen, beläßt ihnen 4-6 Früchte und läßt diese ausreifen.…
Man nimmt zu Samengurken stets die ersten Früchte.…
Verschiedene Gurkensorten müssen wegen der Bastardierungsgefahr mindestens 400 m auseinander gehalten werden.…Die Ernte der Samengurken erfolgt, wenn sie gelb geworden sind, bzw., wenn sie ihre sorteneigentümliche Reifefärbung, die ja nicht bei jeder Sorte gleich ist, erreicht haben. Man legt sie dann an einen trockenen, sonnigen Ort zum Nachreifen.…
Hierbei kann man eine gewisse Auslese nach der Form usw. vornehmen.…

Beginnen die Früchte zu faulen, bekommen sie weiche Stellen, dann schneidet man sie der Länge nach in zwei Hälften und streift mittles eines alten Löffels den gesamten Inhalt des Kerngehäuses in Gefäße. Hier vermischt man den Samenbrei mit Wasser, rührt ihn öfters tüchtig durch, bis nach einigen Tagen die ganze Masse in Gärung kommt und die Schleimhüllen, die jedes Samenkorn umgeben, gelöst werden.…

Nach der Gärung bringe ich die Samen auf hochbordigen Sieben mit einer für Gurkenkerne undurchlässigen Maschenweite unter den kräftigen Strahl einer Wasserleitung. Das Wasser reißt alle Schleimteilchen mit sich durch das Sieb und vollzieht so die Reinigung schnell und gut. In Wasser geworfen schwimmen alle schlechten und leeren Samen obenauf und werden entfernt. Der gereinigte Same wird auf einem Tuche getrocknet. Dies kann ruhig in der Sonne geschehen.…

Die Aufbewahrung muss sehr mäusesicher erfolgen, da Gurkensamen unter den Lieblingsspeisen der grauen Nager ziemlich weit oben steht.…

Eine Frucht enthält je nach Sorte 3-12 g Samen, das sind 500 und mehr Kerne.

Die Unübersichtlichkeit der „Gurken-Arten“

Bei der mir bis vor kurzem noch unbekannten Bezeichnung „Schäl-Gurke“ hatte ich nun endgültig die Nase voll von all‘ den verschiedenen Gurken!

Ich habe mich nun ja nur ein wenig mit Gurken beschäftigt und dabei mittlerweile so viele „Arten“ von Gurken kennengelernt, dass ich komplett den Überblick verloren habe.

Nehme ich nur mal das Samen-Tütchen der Sorte „Tine“; neben „Schäl-Gurke“ stehen auf der Vorderseite noch „Salat- oder Senfgurke“. Geht das nicht eindeutiger?

Deshalb versuche ich hier eine übersichtliche Liste aller „Arten“ von Gurken zu erstellen, die mir bisher begegnet sind. Ich verspreche auch, im Laufe der Zeit all diejenigen nachzutragen, auf die ich noch stoßen werde oder mit denen Ihr mich in den Kommentaren bekannt macht.

Salat-, Einlege- oder Schäl-Gurke?

Die Bezeichnung „Arten“ ist jetzt nicht im botanischen Sinne gemeint, sondern bezieht sich hier auf die Arten der Verwendung, der Form und des Anbauortes von Gurken. Ich will mich an ihrer Einteilung und Erklärung versuchen.

Liste der „Gurken-Arten“ inklusive ihrer Beschreibung

  • Salatgurke
    Die Salatgurke wird in frischem Zustand verspeist; sie ist dann zumeist noch jung, d. h., nicht ausgewachsen und bestenfalls mit kleinen, unreifen, weichen Samen gespickt, falls es sich nicht sowieso um eine „Jungfernfrüchtige“ ohne Samen handelt.

    Jede Gurkensorte kann in diesem Zustand als Salatgurke genossen werden, wenn sie nicht bitter ist (man testet das sicherheitshalber immer, indem man am Stilansatz ein Stückchen probiert; wenn das bitter ist, probiert man sich stückchenweise weiter nach unten, bis die Bitterkeit – hoffentlich – verschwunden ist).

    Meistens werden als Salatgurken aber die lang-wüchsigen Schlangengurken (s. u.) eingesetzt; diese sind mindestens 25 cm, teilweise aber auch über 50 cm lang.

    Wer übrigens immer noch auf einer Gurke herumreitet, indem er sich über die „EU-Gurkenverordnung“ lustig macht, soll doch bitte mal beim Lebensmittel-Supermarkt seines Vertrauens krumme Gurken verlangen und nachfragen, warum diese nicht angeboten werden: Sie lassen sich einfach schlechter in Kisten und in Auslagen stapeln.

    Mittlerweile wird der Gurken-Normalverbraucher wahrscheinlich nicht einmal mehr wissen, dass Gurken auch krumm sein können – und dann auch nicht anders schmecken als die supergeraden.

Ungenormte Schlangengurken verschiedener Sorten

Ungenormte Schlangengurken verschiedener Sorten

  • Schälgurke
    „Schälgurke“ ist eine andere Bezeichnung für „Ausgewachsene Gurke“, habe ich herausgefunden. Völlig ausgereifte Gurken müssen wegen ihrer kräftigen Schale vor dem Genuss immer geschält werden.

    Erwachsene Gurken besitzen meist eine grünlich-gelbe bis sattgelbe Schale und inwändig Samen in Hülle und Fülle.
    Geeignete Gurken fühlen sich von außen hart und fest an (nicht weich, fluffig oder matschig wie alte, samenlose Jungfernfrüchte). Ob sie nach dem Schälen dann geschmort oder eingelegt werden, ist nebensächlich.

  • Schmorgurke
    Zu Schmorgurken werden vor allem ausgereifte Gurken verwendet, also „Schälgurken“, in denen Samen vorhanden sind. Die Sorte ist dabei nicht entscheidend, sie kann lang, kurz oder mittellang sein. Ausgewachsen ist wichtig.
    Selbstverständlich gibt es Sorten, die besser als Schmorgurken geeignet sind, weil ihr Fleisch dicker und fester ist (und auch länger so bleibt).

    Es gilt, Schale und Kerne dieser ausgewachsenen Gurken zu entfernen, den Rest in mundgerechte Stücke zu schneiden und in einem gut gewürzten Sößchen zu dünsten; vorher kann man die Gurkenstücke gern auch noch ein wenig schmoren lassen.

    Erstaunlicherweise bleiben die 97% Wasser, aus denen eine Gurke besteht, dabei ziemlich bissfest, zumindest bei guten Schmorgurkensorten.

  • Einlegegurke
    Als Einlegegurken werden alle Gurken bezeichnet, die in irgendeine konservierende Flüssigkeit eingelegt werden; dies kann Essig, Salzwasser (das die anschließende, natürliche Milchsäuregärung befördert) oder eine Essig-Zuckerlösung sein.
    Damit ist nichts über die Größe bzw. den Reifezustand einer Gurke gesagt. So werden manche Gurken schon als Babies in voller Kleinheit, andere erst als reife Erwachsene (siehe dazu auch „Schälgurke“) und zerstückelt in den genannten Lösungen ertränkt.
  • Essiggurke
    Die Essiggurke ist eine spezielle Form der Einlegegurke; sie wird, wie ihr Name schon sagt, zusammen mit verschiedenen Gewürzen in Essig eingelegt (und teilweise zur längeren Haltbarkeit eingekocht). Dazu werden hauptsächlich sehr junge Gurken und auch spezielle, klein bleibende Gurkensorten hergenommen.Auch Essiggurken, die heute hauptsächlich industriell verarbeitet werden, unterliegen einer strengen Norm: Die Konservenindustrie wünscht von ihren Lieferanten, den Gurkenanbauern, Gurken mit einem LD-Wert von ungefähr 3 zu 1; LD bezeichnet das Verhältnis von Länge zu Dicke. Sie müssen 9 cm lang und damit 3 cm dick sein.

    „Die Sache ist ganz einfach: Sind die Gurken zu lang, passen diese nicht ins Glas; sind die Gurken dagegen zu klein, wird das vorgeschriebene Füllgewicht nicht erreicht“ (Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, LWG).

    Ich weiß, Ihr werdet die Zukunft nicht verhindern können, indem Ihr mehr Geld für’s Glas Essiggurken zahlt, aber wenn Ihr die Zukunft schon mal sehen wollt, schaut in den nachfolgenden Kasten.

Wie kommt die Gurke ins Glas?
„Um am internationalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Produktionskosten daher langfristig gesenkt werden. Die Erntekosten, der größte Kostenfaktor im Einlegegurkenanbau, bietet dabei das größte Einsparpotential und könnte u. a. mit der Automatisierung der Ernte erreicht werden.„Die Gurke muss bleiben“: Gurkenvollernter oder indische Importware?
Discounter kaufen ihre Ware für 0,59 Euro pro Glas ein. Wenn 8,50 Euro Mindestlohn gezahlt werden müssen, dann braucht Frehn 40 Cent mehr für ein Glas Gurken. Das ist fast nur in der Direktvermarktung möglich. Discounter können zudem vielfach auf indische Ware zurückgreifen. Dort liegt der Lohn bei einem Euro am Tag. Der Transport zwischen Bombay und Hamburg belastet ein Glas indischer Gurken lediglich mit einem Cent. Auf die Dauer wird die arbeitsintensive Gurkenernte in Deutschland keine Zukunft haben, prognostiziert Frehn. Pro Hektar beschäftigt er sechs Arbeitskräfte. Der Vollernter ist also für den traditionellen Gurkenanbau im Spreewald offenbar nötig, um mit einer geschützten Marke am Markt bleiben zu können.

Der gesamte Prozess noch einmal auf Österreichisch. „Das Gurkerl: Vom Feld ins Glas“

  • Gewürzgurke, Dillgurke, u. ä.
    Die so bezeichneten Gurken verdanken ihren Wohlgeschmack neben dem Essig den beigemischten Kräutern und Gewürzen – so wie die gewöhnlichen Essiggurken auch. Ihren klangvollen Namen verdanken sie den Marketingabteilungen der Industrie und des Handels, die die Essiggurke namentlich verfeinert haben.
  • Salzgurke
    Zu Salzgurken lassen sich kleine und mittelgroße, ungeschälte Gurken verarbeiten; diese werden in Gänze in eine Salzlösung eingelegt, die eine milchsaure Vergärung dieser Früchte zulässt. Salzgurken schmecken also nicht nur salzig, sondern auch sauer wie die Essiggurken – nur nicht so stark gewürzt; wie Sauerkraut eben.
  • Senfgurke
    Senfgurken werden nicht in Senf eingelegt, wie ich immer dachte, sondern genauso wie Essiggurken in einer Essiglösung konserviert. Es werden dazu aber ausschließlich ausgereifte und in Stücke geschnittene Gurken, also Schälgurken, verwendet und der Essiglake besonders viele Senfkörner oder andere verschärfende Zutaten, wie Meerettich-Wurzelstücke, zugegeben (Im Blog der Gemüseliesel kann man ganz genau nachlesen, wie Senfgurken gemacht werden).
  • Pfeffergurke
    Die Pfeffergurke ist ganz nah mit der Senfgurke verwandt: Auch sie wird in eine Essiglösung eingelegt, die aber vorrangig aus Pfefferkörnern Schärfe zieht.
  • Schlangengurke
    Die Bezeichnung „Schlangengurke“ bezieht sich auf die Form der Gurke, hier auf die besonders lang werdenden Gurkensorten, die vor allem als Salatgurken genutzt werden. Neben den schlangenförmigen gibt es walzen- und traubenförmige Gurkensorten.
  • Von der „Walzengurke“ habe ich (GottseiDank?) noch nie etwas gelesen. Nur von walzenförmigen; deshalb kann ich mir hier weitere Ausführungen sparen.
  • Traubengurke
    Traubengurken bleiben eher klein, sind ausgewachsen kurz und dick. Oft wachsen sie auch zu mehreren nah beisammen, was den Gesamteindruck bestimmt und zum Namen dieser Sorten geführt hat.
  • Freilandgurke
    Hier ist die Erklärung der Benennung mal ganz einfach: Freilandgurken wachsen in einem freien Land, also auf Feldern und in Gartenbeeten unter freiem Himmel. Die dafür geeigneten Gurkensorten müssen das jeweilige Außenklima ertragen können, also nicht ganz so wärmebedürftig sein, wie es Pflanzen sind, die ursprünglich aus dem Osten Indiens stammen.
    Außerdem muss die warme Jahreszeit lang genug sein, damit die Gurkenfrüchte auch die gewünschten Reifestadien erreichen. In Deutschland rechnet man von der Aussaat bis zur ersten Frucht 12 bis 14 Wochen. Die Ernte der Freilandgurken beginnt Anfang bis Mitte Juli und zieht sich über einen Zeitraum von 50 – 70 Tagen hin. (die letzten beiden Angaben stammen ebenfalls aus dem schon mehrfach zitierten Buch von Josef Becker: Handbuch des gesamten Gemüsebaues)
  • Hausgurke
    Hausgurke oder moderner: GewächsHausgurke; daraus ergibt sich der vorbestimmte Anbauort der so genannten Gurken: Sie dürfen in (geheizten) Gewächshäusern die Genussreife erreichen, allerdings nur die Salatgurken, d. h., die Schlangengurken; nur für diese lohnt sich der ganze Aufwand.

    Dazu jetzt die passende Quizzfrage: Hinterlässt eine österreichische, konventionell angebaute Gewächshausgurke oder eine in Spanien gewachsene Bio-Gurke im Winter den größeren, klima-schädlichen CO2-Fußabdruck?

    Wer es wissen will, kann die Antwort dieser kleinen Studie entnehmen. Ich verrate es aber auch: Es gibt nur einen marginalen Unterschied. Im folgenden Film sieht das der Verein für die Aufklärung über österreichische Lebensmittel natürlich ebenso.

    Je weiter man allerdings nach Norden vorstößt, desto größer wird der Fußabdruck der Gewächshausgurke.

Die Salatgurke: Anbau mit oder ohne Erde

  • Kastengurke
    Die „Kastengurke“ entstammt den längst vergessenen Mistbeetkästen, die früher für eine frühere Ernte gesorgt haben.
    In Bodenvertiefungen, die mit Brettern umrandet waren, wurde eine ordentliche Lage (frischer) Pferdemist eingebracht, dessen Zersetzung für die gewünschte Wärme sorgte; darauf wurde eine gute Schicht nährstoffreiche Erde gepackt. In diese wurden die Gurken gepflanzt bzw. gesät. Der Kasten wurde zuletzt so lange mit Glasfenstern abgedeckt, bis den Gurkenpflanzen die Außentemperaturen für ein zügiges Wachstum genehm waren; das war zumeist Anfang bis Mitte Juni der Fall. Zwischendurch wurde bei Bedarf vorsichtig gelüftet.
  • Treibgurke
    Als „Treibgurke“ wurden bis zur Umbenennung in „Gewächshausgurke“ die Gurken genannt, die in Treibhäusern, in beheizbaren Glashäusern – ja, heute würde man dazu „Gewächshaus“ sagen – gezogen wurden. Auf diese Bezeichnung stößt nur noch, wer alte Bücher über Gurken studiert.

Gurkensorten, die in Fachbüchern von 1894 – 1943 genannt werden

Aus: Josef Barfuß – Die Gurke, ihre Kultur im freien Lande und unter Glas; 1894; S. 67 – 69
Erfurter Mittellange
Königsdörffer Unermüdliche
Erfurter Schlangengurke
Walzen-Gurke von Athen
Berliner Aal
Chinesische grünbleibende Schlangengurke
Rollison’s Telegraph
Goliathgurke
Russische Murow’sche Traubengurke
Russische Netzgurke
Russische Traubengurke
Frühe Pariser
Schwanenhals
Japanesische Klettergurke
Prager Allerfrüheste Grüne
Nordhäuser Allerfrüheste Mittellange Weiße
Nordhäuser Lange Weiße
Nordhäuser Lange Grüne
Prescot Wonder
Cluster
Hampels Treibgurke
Nordhäuser Blassgrüne Riesen
Blaßgrüne Juwel
Weiße Duches of Edinburgh
Große Dicke Würzburger
Lockies Perfection
Rollison’s Telegraph Improved
Noas Treibgurke
Arnstädter Riesenschlangengurke
Kaiser Wilhelm
Japanesische Delikateßgurke
Juwel von Koppitz
Heinemanns Neue Einmachgurke
Bourbonne Cornichon
Bundemanns Unvergleichliche
Reichardsche Weiße Treibgurke

Aus: Theodor Lange – Gurke, Melone, Kürbis; 1900; S. 6 – 9
Noa’s Treibgurke
Schwanenhals
Telegraph (Rollison’s)
Hampel’s verbesserte Mistbeetgurke
Hampel’s verbesserte Treibhausgurke
Hampels Juwel von Koppitz
Arnstädter Riesen-Schlangengurke
Berliner Aalgurke
Ruhm von Quedlinburg
Königsdorfer Unermüdliche
Prescot’s Wonder
Rocheford
Bismarck
Goliathgurke
Chinesische Grünbleibende Schlangengurke
Erfurter Grüne Schlangengurke
Erfurter Weiße Schlangengurke
Erfurter Mittellange
Mährische Mittellange
Französische Mittellange
Walzengurke von Athen
Japanische Klettergurke
Murom’sche Frühe Traubengurke
Borowsky’sche Traubengurke
Grüne Russische Traubengurke
Weiße Russische Traubengurke
Pariser Cornichongurke

Aus: Friedrich Mayer-Bode – Der praktische Landwirt; 1921; S. 661
Erfurter Lange Grüne Schlangengurke
Erfurter Gurke
Traubengurke
Treibgurke Improved
Bismarck
Japanische Klettergurke

Aus: Josef Becker – Handbuch des gesamten Gemüsebaus; 1943; S. 502 – 506
Weigelts Beste von Allen (Holländer-Gurke)
Telegraph Improved
Tottenham’s Prolific
Fleckenfreie Grüne
Fleckenlose
Hausperle
Devise
Noas Treib (Holländische Plattglasgurke)
Sensation
Spiers
Groschlitzer Mittellange
Groschlitzer Lange
Rothenseer Schlangen
Chinesische Schlangen
Deutsche Schlangen
Mittellange Volltragende (Erfurter und Liegnitzer Typ)
Delikateß
Riesen Schälgurke
Haynauer Schälgurke
Deutsche Traubengurke
Russische Trauben
Vorgebirgstrauben